Cannabis: Psychiater warnen

Ein großes Geschäft: Professionelle Anbauer von Cannabis sitzen schon sei längerem in den Startlöchern. Foto: unsplash

Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) hat davor gewarnt, im Zuge der geplanten Cannabis-Legalisierung Risiken zu bagatellisieren. Zwingend erforderlich aus Sicht der Fachgesellschaft: Prävention, Jugendschutz in Form einer Zugangsgrenze für unter 21-Jährige, mehr Maßnahmen zur Früherkennung und Frühintervention bei psychischen Erkrankungen sowie eine wissenschaftliche Begleitforschung. Die Einnahmen aus dem Cannabisverkauf müssten vollständig zur Förderung von Prävention und Jugendschutz sowie zur Suchtversorgung und -forschung verwendet werden.

Die Ampelregierung hatte sich im Koalitionsvertrag auf eine „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizensierten Geschäften“ festgelegt.   Dadurch werde die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet, so die Erwartung der Politik. Das Ganze soll nach vier Jahren evaluiert werden. Zudem wollen die drei Parteien Modelle zum Drugchecking und „Maßnahmen der Schadensminderung“ ausbauen. Die Fachgespräche zum Thema legalisierte Cannabis-Abgabe sollen laut Lauterbach-Fahrplan  und unter Leitung des Bundesdrogenbeauftragten noch vor der Sommerpause beginnen. Die Gesetzgebung soll „in der zweiten Jahreshälfte“ beginnen.

In den meisten europäischen Ländern nahm der Konsum zu

Cannabis ist die am weitesten verbreitete illegale Droge in Deutschland. In den meisten europäischen Ländern habe der Cannabiskonsum in den letzten Jahren zugenommen, so die DGPPN. Die Rolle einer regulierten Freigabe von Cannabis sei nicht klar; dennoch lieferten aktuelle Forschungsergebnisse Hinweise darauf, „dass eine Cannabislegalisierung die Zahl der regelmäßigen Konsumenten und in der Folge die Zahl der Menschen erhöhen kann, die cannabisbezogene Störungen und Folgeerkrankungen entwickeln“, warnt die Fachgesellschaft. 

Denn: Die Hirnreifung sei – bei  großen individuellen Unterschieden – erst mit Mitte 20 abgeschlossen. Wegen erhöhtem Psychoserisiko und veränderter Reifung der Neuronen und der Myelinisierung bei frühem Cannabiskonsum sollte Cannabis daher vor dem Abschluss der Ausreifung des Gehirns nicht konsumiert werden. Als weitere Gefahr genannt werden epigenetische Effekte. Nach dem Konsum von THC in der Adoleszenz könne es zu einer Hirnreifungsstörung mit Auswirkungen auf kognitive Leistungen kommen. Auch ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von psychischen Erkrankungen komme hinzu sowie die Störung des Immunsystems. Wegen dieser Gründe sollte die Altersgrenze des Zugangs aus psychiatrischer Sicht nicht unter 21 Jahren liegen.

Weitergabe an jüngere Konsumenten sollte bestraft werden

Zudem sollte eine Weitergabe von THC-Produkten – auch wenn sie legal erworben wurden – besonders an Personen unterhalb der Mindestaltersgrenze unter Strafe gestellt werden. Des Weiteren wird die Entwicklung, Evaluierung und Anwendung verbesserter Maßnahmen des Kinder- und Jugendschutzes im Bereich von Cannabis, aber auch von Tabak und Alkohol angemahnt. Ferner fordert die DGPPN ausreichend finanzierte systematische Forschungsprogramme. Die Begleit- forschung solle möglichst bereits vor der Verabschiedung des Gesetzes beginnen. Nur so könnten Veränderungen durch die neue Gesetzgebung zuverlässig erfasst werden. 

Als Inhalte von Forschung genannt werden: Zusammenhang zwischen Liberalisierung des Zugangs zu Cannabis und möglicher Erhöhung der Konsum- und Missbrauchsprävalenz, Marktbeobachtung, Entwicklung des quantitativen Gehalts von THC und Cannabidiol, Entwicklung der Behandlungszahlen im Suchthilfesystem, aber auch z. B. in den Notaufnahmen wegen akuter Nebenwirkungen, Veränderung bei den (erst-)auffälligen Konsumenten im Straßenverkehr. (rd)

Das vollständige Positionspapier zum Thema ist unter www.dgppn.de herunterladbar.