Mit einer literarischen Aufarbeitung seiner Mutterproblematik gewann Peter Wawerzinek 2010 den Ingeborg-Bachmann-Preis. Bei dem Klagenfurter Wettbewerb las er aus einem Auszug seines späteren Romans „Rabenliebe“, der in Wewelsfleth in einer Einrichtung zur Langzeitrehabilitation von Alkoholabhängigen entstand. In dem Buch verarbeitete der Berliner Autor seine schwierige Kindheit in einem DDR-Waisenhaus. Jetzt widmet der NDR dem Autor einen ganzen Themenschwerpunkt, der in der Mediathek abrufbar ist. Im Mittelpunkt steht der Dokumentarfilm „Lievealleen“. Darin geht Wawerzinek mit seiner Schwester auf historisch-familiäre Spurensuche. Die Schwester lebte lange Zeit in einer psychiatrischen Anstalt.
Aus der Ankündigung des NDR heißt es zu dem Film weiter: „Peter Wawerzinek ist gerade mal drei Jahre alt, als ihn seine Mutter allein mit seiner Schwester in einer Rostocker Wohnung zurücklässt und in den Westen geht. Erst Tage später werden die Geschwister in der verwahrlosten Wohnung entdeckt. Es folgt eine Kindheit in DDR-Heimen und einer Adoptivfamilie. Erfahrungen, die das Leben und Arbeiten von Schriftsteller Peter Wawerzinek ein Leben lang geprägt haben. Seine Schwester Beate wird in einer psychiatrischen Anstalt untergebracht, erst 15 Jahre später sehen sich die beiden wieder.
In „Lievealleen” besuchen die Geschwister Orte ihrer Kindheit
Im Dokumentarfilm ,Lievalleen’, aus dem Plattdeutschen übersetzt ,Mutterseelenallein’ besuchen die Geschwister die Orte ihrer Kindheit, sprechen über die leidvollen Erlebnisse und die Verletzungen, die geblieben sind. In traumhaft surrealen Spielszenen werden Momente der Vergangenheit nachempfunden. Wawerzinek hat gemeinsam mit Steffen Sebastian Regie geführt. Peter Wawerzinek: ,Das ist nun mal meine Geschichte. Es ist durch Beate und durch andere auch die Geschichte anderer. Ich bin eben das ewige Heimkind. Das ist mir ganz klar. Und ich bin ja auch ein autobiografisch schreibender Autor oder Schreiberling, der immer wieder versucht, mich selbst neu anzulanden, neu anzudocken.’“
Peter Wawerzinek, 1954 in Rostock geboren, ist einer der wichtigsten norddeutschen Schriftsteller. Bekannt wurde er u.a. durch die Romane „Schluckspecht“ und „Liebestölpel“. Das ältere Werk „Rabenliebe“ entstand auf dem Wewelsflether Eulenhof – einer norddeutschen Einrichtung zur Langzeitrehabilitation von Alkoholabhängigen. Der Kontakt entstand 2003, als Wawerzinek über das Alfred-Döblin-Stipendium nach Wewelsfleth kam – und blieb. (rd/hin)