Würzburg: Zu wenig Hilfen für
Asylsuchende im Fokus

Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) sieht einen erheblichen Mangel bei psychologischen Hilfsangeboten für Asylsuchende in Deutschland. Nach wie vor gebe es nur wenige spezialisierte Einrichtungen, sagte die Psychiatrie-Professorin Meryam Schouler-Ocak von der Charité in Berlin dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ mit Blick auf die Messerattacke eines möglicherweise psychisch kranken Somaliers am Freitag in Würzburg. Auch die Integration in die Regelversorgungssysteme sei nur unzureichend erfolgt.

„Oftmals fehlt es an der Bereitschaft der Institutionen, die Betroffenen in die Behandlung und Beratung aufzunehmen“, sagte die Leitende Oberärztin, die das Referat „Interkulturelle Psychiatrie und Psychotherapie, Migration“ bei der DGPPN leitet. Auch das Asylbewerberleistungsgesetz stelle eine große Hürde für die Betroffenen dar: „Es sieht vielerorts in Deutschland vor, dass in den ersten 18 Monaten der Zugang zum Gesundheitssystem nur in Krisen gewährt wird.“ Dazu komme noch die mögliche Unwissenheit über die psychosozialen Behandlungs- und Hilfsangebote auf Seiten der Betroffenen.

„Viele Asylsuchende haben vor, während und nach der Flucht zahlreiche zum Teil sehr schwere traumatisierende Lebensereignisse durchleben müssen, die zum Teil zu massiven psychischen Störungen führen können“, sagte Schouler-Ocak. Die Rate an Posttraumatischen Belastungsstörungen sei bei Asylsuchenden im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung im Durchschnitt um das Zehnfache höher. „Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie in Erregungszuständen oder anderen krisenhaften Zuständen eigen- oder fremdgefährdender sind als andere psychisch erkrankte Menschen“, betonte die Psychiaterin.

Bei der Messerattacke waren drei Frauen im Alter von 82, 49 und 24 Jahren getötet worden. Der Täter, der seit 2015 in Würzburg lebt, sitzt wegen dreifachen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung in Untersuchungshaft. Die Ermittler untersuchen zurzeit, ob eine psychische Krankheit oder islamistische Motive den Ausschlag für die Tat gegeben haben.

„35 Prozent der zwischen 2000 und 2015 allein handelnden Attentäter psychisch krank”

Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Sebastian Fiedler, hatte zuvor eine bessere Ausstattung des Gesundheitswesens im psychiatrischen Bereich gefordert. 35 Prozent der zwischen 2000 und 2015 allein handelnden Attentäter seien psychisch erkrankt gewesen, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). Als ein Beispiel für einen psychisch kranken Täter verwies er auf die rassistischen Morde von Hanau im Februar 2020.

Wer an bestimmten Arten von Schizophrenie leide, trage ein erhebliches Risiko in sich, zum Gewalttäter zu werden, sagte Fiedler. Er beklagte „einen dramatischen Fachkräftemangel in der Psychiatrie, der verhindert, dass die Kranken ausreichend behandelt werden”. Ein besonders Problem seien Menschen, die aufgrund traumatischer Kriegserfahrungen psychisch erkranken. (epd)

Wie aus aggressiv-politischen Einstellungen und Ideen eine Wahngewissheit werden kann, darüber sprachen wir aus Anlass des rassistischen Attentats in Hanau im vorigen Jahr mit dem Psychiater und Psychotherapeuten Dr. Dietrich Eck:

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