Nach der Wahl ist vor der Wahl: Wer sitzt wo in der neu gewählten Bürgerschaft und bestimmt welche Bereiche? Und welche Themen und Inhalte der Wahlprogramme können jetzt konkret im Koalitionsvertrag untergebracht werden? Darum wird es in den nächsten Wochen in den rot-grünen Verhandlungen gehen (von einer theoretisch denkbaren schwarz-roten Koalition geht derzeit niemand aus). Topp-Personalie ist der Posten der Gesundheitssenatorin, nachdem Cornelia Prüfer-Storcks (64, SPD) ihren Verzicht angekündigt hat.
Damit macht sie den Weg für mehr grün im Senat frei, was ansteht, da die Partei ihren Stimmenanteil bei der Wahl fast verdoppeln konnten. Bisher stellten die Grünen drei Senatsmitglieder, die SPD neun, jetzt dürften die Grünen zwei zusätzliche Posten fordern. Spekuliert wird, ob eine Trennung von Wirtschaft und Verkehr auf zwei Senatoren durch eine (Wieder-) Zusammenlegung von Gesundheits- und Sozialbehörde kompensiert werden könnte, was wiederum die Macht von Senatorin Melanie Leonhard, die auch SPD-Vorsitzende ist, vergößern würde. Eine solche Entwicklung könnte die oft unter der Behörden-Trennung leidende Psychiatrieplanung voranbringen.
Den Grünen stünden nicht nur mehr Posten zu, sie müssen sich auch um einen höheren Frauenanteil kümmern, ist doch bislang Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank die einzige Senatorin. Als Aspirantin auf einen Senatsposten wird an erster Stelle Parteichefin Anna Gallina genannt. Das Abendblatt brachte ferner Katja Husen ins Spiel. Letztere brächte viel psychiatrisches Insiderwissen mit: Als Mitglied der Aufsichtskommission kennt sie die Psychiatrie von innen.
Suchthilfe fordert Cannabismodell und Druckchecking
Rückenwind durch die größere Grünen-Macht dürfte die Suchthilfe spüren. Die Hamburgische Landesstelle für Suchtfragen e.V. (HLS) stellte schon mal ganz oben auf die Agenda den Wunsch nach einer „soliden und verlässlichen Finanzierung der Drogen- und Suchtkrankenhilfe”. Mit dem Doppelhaushalt 2019/2020 sei erstmals wieder eine 5-prozentige Etatsteigerung von der Hamburgischen Bürgerschaft beschlossen worden. Dies sei jedoch nicht ausreichend, um die entstandenen strukturellen Defizite zu decken. Weiter sei der HLS besonders wichtig, „dass Hamburg in Fragen der legalen Abgabe von Cannabis an Erwachsene künftig vorangeht und Drugchecking-Angebote in der Hansestadt ermöglicht”, heißt es in einer Pressemitteilung.
Dazu Dieter Adamski, HLS-Vorsitzender: „Wir möchten die neue Regierung ermutigen, ein Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene anzustreben und zudem mit Berlin und Hessen gemeinsam dafür zu streiten, Drugchecking-Projekte zeitnah zu verwirklichen. ” (hin)
Einen weiteren Bericht mit Antworten der Parteien auf die Wahlprüfsteine der Psychiatrie finden sie hier.