Ticket weg? Koffer verloren? Pass abgelaufen? Plötzlicher Demenz-Schub? Auf jede persönliche Katastrophe weiß der Kirchliche Sozialdienst am Frankfurter Flughafen einen Rat, manchmal erst nach Detektivarbeit.
Es ist der Alptraum eines Flugreisenden: Eben mal im Ausland im Flughafen zwischen den Läden herumspaziert, und plötzlich ist man versehentlich raus aus dem Transitbereich: ohne Pass, ohne Flugticket, ohne Handy. Der fernöstliche Reisende, dem das auf der Zwischenlandung zwischen Kanada und Finnland in Frankfurt am Main passierte, fand glücklicherweise den Weg zurück: Die Helferinnen und Helfer des Kirchlichen Sozialdienstes für Passagiere am größten deutschen Flughafen kümmerten sich um ihn.
„Wir haben seine Fluglinie gesucht und den Flug nach Helsinki herausbekommen“, erzählt die Leiterin, die Sozialpädagogin Simone Roßbach. „Dann haben wir es geschafft, ihm 30 Minuten vor dem Abflug ein Ersatz-Ticket ausstellen zu lassen.“ Der Sozialdienst in Trägerschaft der Evangelischen Kirche und Diakonie in Frankfurt und Offenbach hilft seit 25 Jahren. Häufig, wenn der Anschlussflug verpasst ist, der Koffer nicht gefunden wird oder die Handtasche geklaut ist.
Jede Woche stranden mittellose Heimkehrer am Flughafen
Eine der größten Klientengruppen am Flughafen sind deutsche Heimkehrer, wie Roßbach berichtet. Das seien Menschen, die jahrzehntelang im Ausland gelebt haben, aber aufgrund von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Schicksalsschlägen oder fehlendem Aufenthaltstitel ungeplant nach Deutschland zurückkehren müssen. Wenn sie kein Geld haben und keine Angehörigen kennen, organisiert der Kirchliche Sozialdienst eine Notunterkunft und einen Termin beim Sozialamt für die weitere Unterstützung.
Die Helferinnen und Helfer am Flughafen halten das Nötigste vor: haltbare Lebensmittel, Kleidung, Schuhe, Brillen, Spielzeug, ein Notbett. Selbst ein muslimischer Gebetsteppich liegt bereit.
Im Büro der Mitarbeiterin Carla Rosenberg ticken Wanduhren mit der Zeit von Städten rund um den Globus. „Ich finde die Arbeit interessant und abwechslungsreich“, sagt die Sozialpädagogin. Einen Fall fand sie besonders berührend. Ein Flughafen-Mitarbeiter habe angerufen: „Hier ist ein Mann, der hat nichts bei sich, keinen Pass, kein Handy, und weiß nicht, wohin.“
In detektivischer Arbeit hätten die Helferinnen über die Fluggesellschaft eine Tochter in Kanada ausfindig gemacht, die ihrem Vater zunächst ein Hotel buchte. Der Mann Mitte 80 hatte offenbar einen Demenz-Schub erlitten und die Orientierung verloren. Dann fehlte noch der Pass. Wie durch eine Fügung seien am nächsten Tag Mitarbeiter der kanadischen Botschaft zum Flughafen gekommen, und der Sozialdienst habe die nötigen Papiere ausstellen lassen können. Schließlich hätten die Helferinnen den alten Mann bis zur Flugzeugtür gebracht, und die Tochter habe ihn am Zielflughafen abgeholt.
Freiwillige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beraten am Schalter
Eher alltäglich geht es am Schalter des Kirchlichen Sozialdienstes am Rand der Abflughalle C zu. Ein Mann wendet sich an die freiwillige Mitarbeiterin dort: „Ich suche mein Flugzeug nach Calgary.“ Mechthild Poenicke sieht in den Unterlagen nach und schreibt ihm auf, wo er das Gate findet. Der Reisende bedankt sich und wünscht ihr „einen wunderbaren Tag“.
Poenicke ist eine von 14 Ehrenamtlichen, die ein- oder zweimal die Woche einen Tag lang am Hilfe-Schalter stehen. Die Rentnerin war früher selbst viel gereist, lebte jahrelang in Hongkong. „Mir macht die Arbeit Spaß“, sagt sie. „Ich schnuppere den Duft der weiten Welt und kann Menschen helfen.“ In den 25 Jahren seines Bestehens in Trägerschaft der evangelischen Kirche und Diakonie hat der Sozialdienst für Passagiere nach eigenen Angaben mehr als 26.000 Menschen geholfen.
Manche Hilfesuchende muss aber auch der Kirchliche Sozialdienst enttäuschen: „Wir geben kein Geld und kaufen keine Tickets“, stellt Roßbach klar. „Aber wir können telefonieren.“ So seien manche Hilfesuchende zunächst verzweifelt: „Oh Gott, wie kommen wir hier weg?“ Aber wenn die Mitarbeiterinnen eine Lösung gefunden hätten, bekämen sie öfter zu hören: „Sie sind ein Engel.“
Jens Bayer-Gimm (epd)
Beratungsbüro des Kirchlichen Sozialdienstes für Passagiere im Flughafen Frankfurt am Main: Terminal 1, Abflug-Halle C, gegenüber Ausgang 8, links neben Condor-Schalter 753. Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 10 bis 16 Uhr, Freitag 10 bis 15 Uhr, an Wochenenden und gesetzlichen Feiertagen geschlossen. Telefon: +49 (0)69 690 – 50 201 und +49 (0)69 690 – 47 131, E-Mail: kirchlicher.sozialdienst.erv@flughafen-frankfurt.de

Der Frankfurter Flughafen ist besonders groß und unübersichtlich. Foto: fraport