Sie kam aus der Schönheit – und verstrickte sich im Grauen: „Lee Miller. Fotografin zwischen Krieg und Glamour“ lautet der Titel einer aktuellen Ausstellung im Hamburger Bucerius Kunstforum (bis 25. 9.), die das Leben einer der vielseitigsten und ungewöhnlichsten Fotografinnen des 20. Jahrhunderts zeigt, die als Folge ihrer Kriegs- und KZ-Dokumentationen schwer traumatisiert wurde. Darüber tauschten sich am 18. September im Rahmen einer „Tandemführung“ unter dem Titel „Die Grenzen des Erträglichen“ der Fotograf Kelvin McElvaney und der Traumaexperte Prof. Ingo Schäfer aus künstlerischer und psychotherapeutischer Perspektive aus.
Das 1907 geborene einstige Model wechselte über die Freundschaft mit dem Surrealisten Man Ray hinter die Kamera, wurde Vogue-Modefotografin und berichtete ab 1942 aus dem Krieg, zuletzt an vorderster Front. Schockierend sind ihre Nahaufnahmen von Leichenbergen in soeben befreiten Konzentrationslagern.
Nach der Dokumentation der Naziverbrechen in Dachau entsteht ein berühmtes Foto in Hitlers Münchener Privatwohnung, wo sie sich in dessen Badewanne ablichten lässt – davor stehen die Stiefel, die sie im KZ Dachau getragen hat. Nach dem Krieg zieht sie – äußerlich und innerlich sichtlich gezeichnet und schwer traumatisiert – mit ihrem Mann aufs englische Land, wo sie sich nochmal neu erfindet: Sie gibt sich leidenschaftlich der Kochkunst hin und schafft es damit offenbar, Depressionen und anderen Traumafolgen zu trotzen.
Lee Miller starb 1977 im Alter von 70 Jahren an Krebs. (hin)