Suizidprävention:
Debatte um die Strategie

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), hier auf einem Bild aus dem Jahr 2021 vom Empfang für Priv.-Doz. Dr. Özlem Türeci und Prof. Dr. Uğur Şahin, Gründer*innen des Biotechnologie-Unternehmens Biontech, im Rathaus Köln. Foto: Karl Lauterbach / © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, hat die mangelnde Finanzierung der Suizidpräventionsstrategie von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kritisiert. Viele der bestehenden Angebote wie auch die Online-Suizidpräventionsberatung der Caritas stünden damit weiterhin auf unsicheren finanziellen Beinen, sagte die Caritas-Chefin dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“. Lauterbach hatte am vergangenen Donnerstag die Suizidpräventionsstrategie der Bundesregierung vorgestellt, mit der die Suizidrate gesenkt werden soll. Um Betroffene zu erreichen und das Thema Suizid zu enttabuisieren, kündigte er unter anderem eine Aufklärungskampagne und eine zentrale Krisendienst-Notrufnummer an.

Das Nationale Suizidpräventionsprogramm (NaSPro) äußerte sich positiv: „Wir begrüßen diesen Schritt ausdrücklich. Wir freuen uns, dass in diese Strategie zahlreiche Anregungen aus dem vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Bericht ,Suizidprävention Deutschland – aktueller Stand und Perspektiven’ eingeflossen sind. Der Bericht wurde 2021 vom NaSPro in Zusammenarbeit mit zahlreichen Expertinnen und Experten erstellt.” Das NaSPro kündigte eine weitere Pressekonferenz zum Thema an und forderte, die Finanzierung und Förderung der Suizidprävention in die Anfang Juni beginnenden Haushaltsberatungen für 2025 aufzunehmen. „Erster Schritt wäre die Etablierung einer bundesweiten Rufnummer und ein Bundesförderprogramm zur Entwicklung der Suizidprävention in Deutschland.” 

Finanzielle Absicherung gefordert

Die Caritas-Präsidentin Welskop-Deffaa sagte weiter: „Angesichts der steigenden Suizidzahlen, von denen Minister Lauterbach berichtet, wirkt es wie ein Hohn, dass es keine Idee zu geben scheint, wie die erfolgreichen Maßnahmen, die aufgelistet werden, finanziell abgesichert und nachhaltig fortgeführt werden sollen.“

Auch der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, hält die Präventionsstrategie für unzureichend: „Suizide sind ansteckend. Deshalb ist es gut, dass der Bundesgesundheitsminister seine Strategie zur Suizidprävention vorstellt. Dabei sollen Beratungen, Hilfsangebote und Netzwerke gestützt werden“, sagte Brysch dem RND. „Was jedoch fehlt, ist ein Rechtsanspruch der Betroffenen auf Suizidprophylaxe in der gesetzlichen Krankenversicherung. Dazu zählen kurzfristige Sprechstunden, Behandlungsplätze und aufsuchende Therapie“, betonte der Patientenschützer.

Laut Zahlen des Statistischen Bundesamts nehmen sich in Deutschland jährlich fast 10.000 Menschen das Leben. Somit ist die Anzahl der Suizide mehr als dreimal so hoch wie die der Verkehrstoten. Im Jahr 2022 stieg die Anzahl der Suizide von 9.215 im Vorjahr auf 10.119. (rd)