„Ökologische Psychiatrie”

Auf und ab, hin und her: Kongressbesucher können viele viele Meter auf ihren Schrittmessern verbuchen. Foto: Archiv

Mittwoch geht’s los: Dann öffnen sich im City Cube Berlin wieder die Türen zum Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). Vor Corona wurden bis zu 10.000 TeilnehmerInnen zählt. Damit zählt der DGPPN-Kongress zu den größten Fortbildungsveranstaltungen des Fachs in Europa. Das fachspezifische Themenspektrum ist breit und reicht von Angststörung bis Zwangserkrankung. Daneben wird auch Gesellschaftspolitisches verhandelt. Das diesjährige Oberthema lautet:  „Ökologische Psychiatrie und Psychotherapie“. Herausragend auch das prominent besetzte Diskussionsforum „Wie Psychiatrie und Psychotherapie zur Demokratieförderung beitragen“. Mit dabei u.a. der ehemalige Bundesinnenminister Gerhard Baum (FDP) und der israelisch-deutsche Psychologe arabisch-palästinensischer Herkunft Ahmad Mansour, die Impulsvorträge halten.

Den Eröffnungsvortrag hält eine Meeresforscherin

Bis 2. Dezember soll den TeilnehmerInnen im City Cube ein umfassender Überblick über die aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet der psychischen Gesundheit – mit praxisnahen Erkenntnissen für die Prävention, Diagnostik und Therapie – geboten werden. Den Eröffnungsvortrag wird die Meeresforscherin und Mikrobiologin Antje Boetius halten. Die Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts hat sich auf Fragen der marinen Stoffkreisläufe und Lebensvielfalt spezialisiert und beschäftigt sich insbesondere mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die Biogeochemie und Biodiversität des Arktischen Ozeans. Sie wird u. a. das Konzept der Planetary Health beleuchten und dabei auch aufzeigen, wie Meeresgesundheit und psychische Gesundheit miteinander verwoben sind.

Ein weiterer herausragender Redner ist Thomas Fuchs, ein führender Vertreter der phänomenologischen Psychiatrie. Sein Fokus liegt auf der Betonung der individuellen Erfahrungen des Patienten in der Behandlung. In seiner Lecture will er zeigen, wie der phänomenologische Ansatz und der ökologische Ansatz in der Psychiatrie zusammenwirken können. 

Auch der Angriffskriegs auf die Ukraine ist Thema: Der niederländische Menschenrechtsaktivist und Russlandexperte Robert van Voren engagiert sich seit den 1980er Jahren gegen den politischen Missbrauch der Psychiatrie. Im Rahmen seiner Lecture wird er über die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die seelische Gesundheit der Bevölkerung und auf das psychiatrische Versorgungssystem sprechen. 

Narzissmus und eine Prise Manfred Lütz

Weitere Keynote Speaker u.a.: PD Eva Hoch, die sich seit mehr als 20 Jahren mit den Effekten von Cannabis auf die menschliche Psyche beschäftigt, und Prof. Claudia Hornberg, die in ihrer Lecture über „StadtGesundheit – Urbaner Umweltschutz für ein gesundes Leben in der Stadt“ sprechen wird. Der Psychiater und Psychotherapeut Pablo Hagemeyer weiß, wie Narzissten ticken – aus seiner Praxis und aus ganz persönlicher Erfahrung. Im Bestseller „Gestatten, ich bin ein Arschloch“ gab er bereits sein Wissen an die Öffentlichkeit weiter. Der Titel seiner Meet-the-Expert-Lecture: „Narzissmen, Verachtung und andere seelische Verklebungen. Warum wir uns eigentlich dazu zwingen müssten, Empathie als Lösungsmittel draufzukippen“.

Und wem das alles zu ernst wird, dem bleibt Manfred Lütz, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Theologe und Kabarettist: Er wird Themen aus seinem neuen Buch Wie Sie unvermeidlich glücklich werden aufgreifen und „mit humorvollen Geschichten und überzeugenden Argumenten“  Wege zum Glück aufzeigen, wie es in der Ankündigung heißt. (rd)

Eine ausführliche Kongressberichterstattung lesen Sie in den EPPENDORFER-Printausgabe 1/24 (Januar) und 2/24 (März).