Wenn es an Heimplätzen mangelt: Der Druck der Kassen und die Nöte der Kliniken

HAMBURG (hin). Für ältere Patienten mit Unterbringungsbeschluss stehen in Hamburg insgesamt 4 Pflegeheime mit 1-2 Stationen á 20 bis 30 Plätzen zur Verfügung, so Dr. Franz Jürgen Schell, Medizinischer Pressesprecher von Asklepios: „Damit ist die Versorgung nach unserer Erfahrung fast ausreichend sichergestellt.“ Für jüngere Patienten mit Unterbringungsbeschluss gebe es im Rahmen der Eingliederungshilfe in Hamburg 16 geschlossene Plätze.

Da der Bedarf höher ist, müssen solche Patienten oft in Einrichtungen nach Schleswig-Holstein oder Niedersachsen verlegt werden. Das wiederum führe bei den Patienten, „die ohnehin meist nur über ein rudimentäres soziales Netzwerk verfügen“, oft zu einem weiteren Verlust von Sozialkontakten. Die stationäre Eingliederungshilfe bedürfe einer Mitarbeit durch den Patienten, und wenn diese aufgrund ihrer Krankheit „dazu nicht in der Lage sind oder sehr auffälliges Verhalten zeigen, wird es besonders schwierig, eine geeignete Einrichtung zu finden. Manchmal müssen dann auch jüngere Patienten mangels Alternative in gerontopsychiatrische Einrichtungen verlegt werden.“

Tatsächlich gebe es einen deutlich spürbaren Druck durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen, der die Indikation zur stationären Akutbehandlung bei diesen Patienten hinterfragt. Allerdings sei „nur ein konkreter Fall in sechs Jahren bekannt, in dem ein Beschluss aufgehoben und der Patient entlassen wurde“, so Schell. Dieser sei dann in eine Obdachloseneinrichtung gegangen „und musste kurze Zeit später erneut stationär aufgenommen werden“.

Die „Kumulation der Problemlage“ sei bei den betroffenen Patienten schwerer geworden, so der Asklepios-Sprecher weiter. Dies betreffe hauptsächlich schwer chronisch und psychotisch Kranke, „die in einer offenen Einrichtung nicht klar kommen und daher langfristig einer geschlossenen Einrichtung bedürfen. In vielen Fällen kommen zusätzliche Probleme wie z.B. Abhängigkeitserkrankungen als Komorbiditäten dazu.“

In der Psychiatrie der Helios Kliniken Schwerin hat es Fälle geben, in denen Patienten ein halbes oder auch ein ganzes Jahr länger behalten wurden, als angebracht gewesen wäre, weil keine passende Nachfolgeeinrichtung gefunden wurde. Entlassen worden sei in Schwerin deshalb noch keiner, so Dr. Thomas Nissen, Stationsarzt in der geschlossenen Abteilung auf EPPENDORFER-Anfrage. Aus anderen Bundesländern habe er jedoch oft von Kliniken gehört, in denen Patienten aus Mangel an einem Heimplatz trotz gültigem richterlichem Beschluss aus der Akutpsychiatrie entlassen worden seien.

In solchen Fällen drohe im schlimmsten Fall die Gefahr einer Eigen- oder Fremdgefährdung bzw. Straffälligkeit mit nachfolgender Unterbringung in der Forensik. Besonders schwer sei es, ganz schwierige Patienten in einem Heim unterzubringen. Schwerin verlege bis zu 15 Patienten im Jahr in geschlossene Heime, davon einige mangels ausreichender Kapazität in der näheren Umgebung nach außerhalb – so auch nach Bimöhlen.