Aktuell rauchen in Deutschland wieder mehr Menschen: 37,8 Prozent der über 14-Jährigen hängen an der Zigarette. Das geht aus der vom Bundesgesundheitsministerium geförderten DEBRA-Studie (Deutsche Befragung zum Rauchverhalten) hervor. Vor der Pandemie (2020) lag die Quote demnach bei 27 Prozent. Wie kann der Trend umgekehrt werden und eine erfolgreiche Rauchentwöhnung gelingen? Darüber sprechen Fachleute am 12. Oktober auf der 5. E-Zigarettenkonferenz, die das Institut für Suchtforschung (ISFF) der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) am 12. Oktober 2022 online – und kostenfrei – veranstaltet.
Dabei diskutieren die Suchtfachleute über die Frage, wie die Rauchprävalenz bis 2040 auf unter 5 Prozent gesenkt werden kann. Eingeladen sind Referentinnen und Referenten, die u.a. zu den Themen Betriebliche Gesundheitsförderung, Debatte um Aromen, Dual Use, Missverständnisse und Fakten zur frühzeitigen Sterblichkeit Rauchender, soziale und gesundheitliche Ungleichheit in der Rauchprävalenz und Rauchstopp-Studie (RauS)² sprechen werden. Die Konferenz richtet sich an Fachleute, die sich mit Sucht, Entwöhnung, Entzug und Prävention beschäftigen, sowie interessierte Studierende und Lehrende.
Bundesregierung will die Raucherquote bis 2040 um mehr als 30 Prozent senken
„Dass die Bundesregierung die Raucher/-innenquote bis 2040 um mehr als 30 Prozent senken will, ist grundsätzlich begrüßenswert. Was aber fehlt, ist eine klare Strategie, um dieses Ziel auch zu erreichen“, so Prof. Dr. Heino Stöver, Geschäftsführender Direktor des ISFF und Veranstalter der Fachkonferenz. „Wir sehen derzeit sogar eine steigende Raucher/-innenquote. Die gelobten Maßnahmen wie moderate Steuererhöhungen oder Werbeverbote allein reichen nicht, um die Menschen von der Zigarette wegzubekommen.“ Deutlich vielversprechender sei der Tobacco Harm Reduction-Ansatz. Er sieht den Umstieg auf nachweislich weniger schädliche Alternativen wie z. B. E-Zigaretten, Nikotinpouches oder Tabakerhitzer vor, um die Anzahl der aufgenommenen Schadstoffe durch den Verzicht auf den Tabakrauch direkt zu verringern.
Auch Gefäßchirurgen mahnen neue Maßnahmen an
Auch die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin e.V. (DGG) fordert aktuell mehr Engagement zur Eindämmung des Tabakkonsums und empfiehlt starken Raucher*innen „beispielsweise vermehrt auf den Konsum von deutlich weniger toxischen E-Zigaretten als Übergangslösung zum Rauchverzicht zu setzen”. In Deutschland sei erst seit diesem Jahr Außenwerbung für Tabakwaren verboten – „damit ist es das letzte EU-Land, das diese Regelung eingeführt hat. Davor wurden über zehn Jahre lang keine neuen Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums eingesetzt”, heißt es in einer Pressemitteilung. Dabei belegte die Bundesrepublik auf der Tobacco Control Scale, einem Ranking der Rauchstoppstrategien aller 37 EU-Länder, im Jahr 2019 den letzten Platz.
„Die meisten Patientinnen, die wir in der Gefäßmedizin behandeln, sind Raucherinnen. Sie riskieren mit dem ständigen Griff zur Zigarette Amputationen, Schlaganfälle und tödliche Herzinfarkte – und das sogar trotz erfolgreicher Operation oder Kathetereingriff”, warnen die GefäßmedizinerInnen. Allgemein anerkannte Verfahren zur Rauchentwöhnung sind Programme wie Kurzberatung, verhaltenstherapeutische Einzel- oder Gruppenbehandlungen, Nikotinpräparate und medikamentöse Therapien mit Varenicilin oder Bupropion. „Diese Strategien eignen sich vor allem für entwöhnungswillige Raucher*innen, sind aber für stark Abhängige, die es auch nach vielen Versuchen nicht schaffen, mit dem Rauchen aufzuhören, völlig ungeeignet“, so Storck. „Wenn starke Raucher*innen auf E-Zigaretten umsteigen würden, könnten sie ihre Schadstoffbelastung um mehr als 90 Prozent senken“, so der DGG-Experte.
Anderer Ansicht ist die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie (DGP). Diese argumentiert, dass Konsumenten von E-Zigaretten gesundheitsschädigende Liquide einatmen. NichtraucherInnen sollten diese Produkte daher nicht nutzen. Doch auch die Pneumologen sagen: Anders sehe es für starke Raucher*innen aus, die nicht aufhören können. Diesen sollten schadstoffreduzierte Alternativen zur Verbrennungszigarette angeboten werden dürfen, „wenn das Risiko für kardiovaskuläre und maligne Erkrankungen durch fortgesetztes Rauchen um ein Vielfaches größer ist.“ (rd)
5. Fachkonferenz der ISFF am 12. Oktober (9.45 Uhr – 17.00 Uhr) zum Thema „5% bis 2040 – schaffen wir das? – Erfolgversprechende Rauchentwöhnungsstrategien”. Die Teilnahme an der Konferenz ist kostenfrei. Eine verbindliche Anmeldung unter https://www.frankfurt-university.de/?id=11281 ist erforderlich. Videomittschnitte des Symposiums sind im Nachgang abrufbar auf dem YouTube-Kanal von Prof. Dr. Stöver unter: https://www.youtube.com/channel/UC-Kcgvz8dNU7cTrxP0Mhqqw?app=desktop&cbrd=1&…