Wer nachts in eine Krise gerät oder einfach nur reden will, kann sich im Kreis Schleswig-Flensburg und der Stadt Flensburg das Krisentelefon wenden. Die Beratung ist anonym, niederschwellig und kostenlos. Am anderen Ende der Leitung sitzen Ehrenamtliche. Fast alle haben auch in ihrem Hauptberuf mit Hilfe für psychisch Kranke zu tun.
Nicht immer muss es eine Krise sein, warum Menschen beim Krisentelefon durchklingeln. Es gibt es einige, die jeden Tag anrufen. „Einfach, um eine andere Stimme zu hören, um vom Tag zu berichten und um sich zu vergewissern, dass man alles richtig gemacht hat“, berichtet Andrea Cunow. Sie zählt zum Team der rund 20 Ehrenamtlichen, die reihum das Krisentelefon mit nach Hause nehmen. Vier bis fünf Mal pro Schicht klingelt das Handy, das über eine sichere Leitung mit dem Festnetz-Anschluss unter der Nummer 04621/988404 verbunden ist.
Wenn das Telefon nachts um drei Uhr klingelt, kann jemand dran sein, der einen Albtraum hatte und die gruselige Geschichte loswerden will. Oder es kann jemand sein, der eine akute psychotische Episode erlebt. In ihrem dramatischten Fall hatte Cunow eine Frau am anderen Ende, die Tabletten geschluckt hatte, um ihr Leben zu beenden. Cunow konnte einen Krankenwagen zu der Frau schicken und sie so retten. „Egal was kommt, wir sind darauf vorbereitet“, sagt sie.
Brücke zu anderen Hilfsangeboten
In manchen Fällen dient das Krisentelefon auch als Brücke zu anderen Angeboten des Hilfesystems. „Wenn ich frage, ob ich die Anrufer weitervermitteln soll, kommt meistens ein Ja“, sagt Marlene Stephan, ebenfalls ehrenamtliche Beraterin. Viele der Ehrenamtlichen arbeiten im Hauptberuf beim Kreis, in Beratungsstellen oder anderen Institutionen des Hilfesystems. Kein Zufall: „Bei der Gründung war uns wichtig, dass die Anrufenden keine hohe Schwelle überwinden müssen, und am anderen Ende sollte auf jeden Fall geschultes Personal sitzen“, sagt Frank Mesche, einer der Mitbegründer des Krisentelefons. Auch er selbst war vor seiner Pensionierung als Leiter des Fachdienstes Gesundheit des Kreises tätig.
Seit 20 Jahren gibt es dieses Angebot für Menschen in schwierigen Lebenslagen im Kreis Schleswig-Flensburg und der Stadt Flensburg. Entstanden ist es damals als gemeinsames Projekt des Gemeindepsychiatrischen Verbundes im Kreis Schleswig-Flensburg. Von Anfang an beteiligte sich der Kreis finanziell. Auch das Land gab eine Anschubfinanzierung. Als die nach drei Jahren auslief, kam die Stadt Flensburg hinzu.
Hinter dem Krisentelefon steht ein Verein als Träger. Dessen Vorsitzende Inke Asmussen freut sich zum runden Geburtstag über den Rückhalt der Politik, über die engagierten Ehrenamtlichen: „Sie helfen denen, die anrufen, Sie helfen der Gesellschaft.“ Vor allem freut sie sich darüber, wie gut die Idee eingeschlagen hat: „Das Telefon bietet eine schnelle Hilfe in akuten Notlagen und verhindert so Aufenthalte in der Psychiatrie.“ Esther Geißlinger
Einen weiteren Bericht dazu lesen Sie in der nächsten EPPENDORFER-Printausgabe, die Anfang Januar erscheint.