Rückenwind für „Housing First”

Erstmal ein eigenes Zimmer anbieten, dann weitere Hilfen - das ist das Prinzip von „Housing-First". In Corona-Zeiten werden dank Spenden ohnehin geschlossene Hotels für ein solches Angebot genutzt. Symbolfoto: Gerrit Schmit / pixelio.de

Corona macht’s möglich: Von vielen Helferinnen und Hilfseinrichtungen lange gefordert, ermöglichen in der Pandemie in Hamburg und Hannover Großspenden eine zeitweise Einzel-Hotelunterbringung für Obdachlose. 

In Hamburg können dank einer Großspende rund 60 obdachlose Menschen von Dezember bis April 2021 in Hotels übernachten. Das Hamburger Unternehmen Reemtsma stellt dafür erneut 300.000 Euro zur Verfügung. Getragen wird das Sozialprojekt von der Diakonie, der Caritas, der Obdachlosen-Initiative Alimaus und dem Straßenmagazin “Hinz&Kunzt”. Eine Einzelunterbringung in Hotels soll auch wirksam vor Corona-Infektionen schützen. Die obdachlosen Menschen werden von Sozialarbeitern begleitet und erhalten regelmäßig Essen, Hygieneartikel und saubere Kleidung.

Im Frühjahr gute Erfahrungen gesammelt

Bereits im Frühjahr hatte Reemtsma 300.000 Euro für eine Hotelunterbringung bereitgestellt. Die Erfahrungen seien gut, hieß es. Die Menschen hätten sich physisch und psychisch gut erholt und seien für Hilfsangebote zugänglich gewesen. In einigen Fällen sei es zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und einer festen Unterkunft gekommen. Aufgrund von Vorerkrankungen seien viele von ihnen anfällig für das Corona-Virus. Mit weiteren Spenden soll die Zahl der betreuten Menschen noch erhöht werden.

In Hannover ermöglichen Großspenden, dass 34 obdachlose Menschen  bis Ende März im Hotel übernachten können. Dafür hätten Stiftungen und Privatleute bislang insgesamt rund 150.000 Euro bereitgestellt, sagte der Mediziner Udo Niedergerke als Mitinitiator. Er hatte die Spendensammlung gemeinsam mit seiner Frau Ricarda und seiner privaten Stiftung ins Rollen gebracht.

Die Initiative knüpft an ein Modellprojekt von Stadt und Region Hannover sowie des Landes Niedersachsen an, bei dem von April bis Oktober bis zu 100 obdachlose Menschen zunächst in einer Jugendherberge und später im Naturfreundehaus und einem Hotel untergebracht waren und dort betreut wurden. Dadurch fanden viele von ihnen eine feste Unterkunft und einen Job. Gegen die Einstellung des Projektes im Oktober gab es in der Stadt scharfen Protest. 17 verbliebene Bewohner mussten damals zu Beginn der kalten Jahreszeit wieder auf die Straße. “Das hat einen Sturm der Entrüstung ausgelöst”, sagte Niedergerke.

Für den Neuanfang haben die Initiatoren bereits Ende November zwei Hotels in der Innenstadt angemietet. Bis auf vier Paare sind die Frauen und Männer in Einzelzimmern untergebracht. Diakonie und Caritas unterstützen das Projekt und betreuen die obdachlosen Menschen.

Die Stadt Hannover plant ebenfalls ein Wohnprojekt für obdachlose Menschen. Dieses soll jedoch erst im neuen Jahr starten. Und auch in Bremen rückt ein “Housing-First“-Pilotprojekt näher. Bis Ende Januar haben Träger in ganz Deutschland Zeit, sich für ein solches bei der Sozialsenatorin unter der E-Mail-Adresse: housingfirst@soziales.bremen.de zu bewerben. Es wendet sich vorwiegende an Obdachlose, die im jetzigen System der Unterstützung gescheitert sind. Das Projekt soll im Frühjahr 2021 starten und vorwiegend alleinstehende Erwachsene ansprechen, die bereits seit längerem wohnungslos sind. 

(epd/rd)