Obdachlosen droht Kältetod

Sibirische Kälte:  Für Obdachlose besteht angesichts der aktuellen Kältewelle Lebensgefahr. Daher wird gefordert, die Standorte des Winternotprogramms Friesenstraße und am Schaarsteinweg(Neustadt) bei extremer Witterung auch tagsüber offen zu halten. „Die Obdachlosen tagsüber in die Kälte zu schicken, ist gefährlich“, so Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter beim Obdachlosenprojekt Hinz & Kunzt (s.a. https://www.hinzundkunzt.de). „Für den geschwächten Körper eines Obdachlosen kann das den Tod bedeuten. Besonders bei der grassierenden Grippewelle.“ Einer Petition mit der Forderung, die Notunterkünfte regelmäßig auch tagsüber zu öffnen, habe sich inzwischen fast 102.000 Menschen unter change.org/winternotprogramm angeschlossen.

Die Diakonie Deutschland ruft laut epd dazu auf, Obdachlosen direkt und persönlich zu helfen. Die Kälte gefährde akut ihre Gesundheit und ihr Leben, erklärte Vorstandsmitglied Maria Loheide am Freitag in Berlin. „Sprechen Sie die Menschen an und fragen Sie, was ihnen hilft”, empfahl Loheide. Oft seien es praktische Dinge wie warme Socken, Handwärmer aus dem Drogeriemarkt, Schlafsäcke oder Schuhe, die gebraucht würden.

Wer obdachlose Menschen in Not sehe, solle die Notrufnummer 112 anrufen oder die Kältehilfe informieren, die sie mit warmen Getränken und Decken versorge oder sie zu Notübernachtungsstellen bringe, empfiehlt die Diakonie.

Wegen der anhaltend klirrenden Kälte haben die Hamburger Giants und der Hamburger Boxsport Verband die Öffnungszeiten ihrer Alsterdorfer Boxsporthalle (Braamkamp 1) für Obdachlose verlängert. Die Halle soll jetzt auch in der Nacht zum Sonnabend (3. März) geöffnet sein, kündigten Verband und Mannschaft am Freitag an. Abgerundet wird das Angebot mit warmer Suppe und Tee.

In Hannover öffnet die Marktkirche nachts ihre Türen für Menschen ohne Obdach. An diesem Wochenende können sie in einem Raum unter dem Kirchenschiff einen warmen Platz zum Schlafen finden, sagte Diakoniepastor Rainer Müller-Brandes dem Evangelischen Pressedienst: „Es geht um Erste Hilfe. Wenn bei diesen Temperaturen Menschen draußen übernachten müssen, sind wir als Kirche, Christen und Menschen gefragt, etwas zu tun.”

In dem Saal unter der Marktkirche hätten Obdachlose auch die Möglichkeit, sich einen heißen Tee zu kochen. Zudem gibt es für sie eine Dusche und Toiletten. Zwei Helfer sind stets als Nachwache vor Ort.  Zum Frühstück können die Obdachlosen laut Müller-Brandes in den „Mecki”-Laden der Diakonie unter dem Hauptbahnhof gehen. Mitarbeiter bieten dort Speisen an, die von Imbiss-Geschäften am Hauptbahnhof gespendet und von der Bahnhofsmission eingesammelt wurden.  „Da kommen im Monat schon mal zwei Tonnen zusammen.”

               Befragung obdach- und wohnungsloser Menschen im März            

In Hamburg leben geschätzt 2000 Menschen obdachlos auf der Straße, in Autos oder Wäldern.  Um Größenordnung und Bedarf exakter zu bestimmen ist vom 19. bis 25 März  eine – freiwillige – Befragung der obdach- und wohnungslosen Menschen in der Hansestadt geplant. Für die Untersuchung sollen auch in Wohnunterkünften lebende Menschen befragt werden, wie die Sozialbehörde mitteilte. Ziel sei, Einschätzungen zur Größenordnung und Struktur dieser Gruppe zu ermöglichen sowie einen Überblick über ihre Lebenslagen zu erhalten und Rückschlüsse auf das bestehende Hilfesystem zu ziehen.

Anhand standarisierter Fragebögen werden Geschlecht, Alter, Nationalität sowie Informationen zur Dauer und Ursache der Obdachlosigkeit erfragt. Auch die Nutzung von Übernachtungs- und anderen Hilfeangeboten sowie die individuelle finanzielle Situation, gesundheitliche Selbsteinschätzung und ob die Menschen eine Krankenversicherungskarte haben, sind für die Interviewer interessant. Ein besonderes Augenmerk liege auf der Personengruppe ohne deutsche Staatsangehörigkeit.

Die Interviewer gehen in Einrichtungen und Anlaufstellen für obdachlose Menschen, in Standorte des Winternotprogramms sowie in Drogenberatungsstellen und zur Straßensozialarbeit. Darüber hinaus findet erstmals die Befragung einer repräsentativen Stichprobe von wohnungslosen Menschen in Wohnunterkünften von “fördern und wohnen” statt, um auch ihre Lebenssituation gezielter beleuchten zu können.

Befragungen und Auswertung übernimmt die von der Sozialbehörde beauftragte „Gesellschaft für Organisation und Entscheidung” mit Sitz in Bielefeld. Unterstützt und begleitet wird die Befragung von einer gemeinsamen Arbeitsgruppe aus Vertretern der Behörde, der Wohlfahrtsverbände, von „fördern und wohnen“und den Fachstellen für Wohnungsnotfälle. Die bevorstehende Erhebung ist die vierte ihrer Art nach 1996, 2002 und 2009. Der Fragenkatalog orientiere sich an den vorangegangenen Analysen, um eine Vergleichbarkeit herzustellen, hieß es.

Über die Ursachen der Wohnungslosigkeit sowie über Folgen, Trends und Hilfsmöglichkeiten sprach der EPPENDORFER mit Fachleuten, die täglich mit dem Thema konfrontiert sind. Ergebnisse erscheinen als „Schwerpunkt”  in der Ausgabe 3/2018, die Anfang Mai in Druck geht.       (rd/hin/epd)