Mit viel Gefühl

Tröstende Berührungen: Lotte und Grethe im Wohnzimmer des Heims. Foto: Weltkino/Henrik Ohsten

Kuchen und Sekt statt Medikamente, vor allem ganz viel Gefühl und Aufmerksamkeit, Menschenliebe, aber auch Ästhetik – das ist der Kern eines außergewöhnlichen Pflegeansatzes für schwer Demenzkranke in der kleinen dänischen „Pflegeoase“ Dagmarsminde. Die Regisseurin Louise Detlefsen ist eineinhalb Jahre in diese eigene Welt eingetaucht und hat einen einfühlsamen Dokumentarfilm namens „Mitgefühl” gedreht, der am 23. September in die Kinos kommen soll.

May Bjerre Eiby heißt die Heldin dieses Dokumentarfilms. Die ausgebildete Krankenschwester mit Master in Krankenpflege kündigte ihren Job, um ihr eigenes Pflegeheim zu gründen. Sie hat auch Bücher über ihre Pflegemethode geschrieben und kritisiert die derzeitige Altenpflege: viele Pflegeheime hätten sich zu „Pflegefabriken“ entwickelt. Dagmarsminde eröffnete sie 2016, nachdem sie mehrere Jahre damit verbracht hatte, die Finanzierung und die Genehmigungen für den Umbau einer alten Werkstatt in ein kleines Pflegeheim zu sichern. 

Bewohner werden von Medikamenten „entwöhnt”

Ihre Pflegemethode besteht darin, die Bewohner von ihren Medikamenten zu entwöhnen. Stattdessen besteht die Behandlung aus Umarmungen, Augenkontakt, Berührungen, Gesellschaft und ab und zu einem kleinen Glas Portwein. „Unsere Bewohner erhalten keine Beruhigungsmittel und Antipsychotika und wir stellen fest, dass sie sich zusätzlich deutlich besser fühlen. Darüber hinaus versuchen wir auch, Antidepressiva und Schmerzmittel auslaufen zu lassen, aber es können auch leicht Herzmedikamente und andere Medikamente sein, die unangemessene Nebenwirkungen haben. Wenn wir neue Bewohner bekommen, überprüfen wir ihre Medikamentenlisten und beginnen dann in Zusammenarbeit mit dem Arzt mit dem schrittweisen Auslaufen der Medikamente. Derzeit erhalten unsere Bewohner durchschnittlich ein Präparat pro Tag, wobei der Landesdurchschnitt 8 beträgt“, heißt es auf der Homepage des Heims. 

Auch das Zusammenleben von Ehepaaren ist möglich

Das in Nordseeland gelegene Haus hält zwölf Plätze für Menschen vor, die alle unterschiedlich stark an Demenz erkrankt sind. Auch das Zusammenleben von Ehepaaren ist möglich. Eiby ist nicht nur die Leiterin, sondern nimmt auch selbst an der täglichen Pflege teil und kennt alle Bewohnerinnen und Bewohner. Das Haus soll ein Zuhause sein und ist so konzipiert, dass die Gemeinschaft im Mittelpunkt steht. (hin)

Einen ausführlicheren Bericht lesen Sie in der aktuellen EPPENDORFER-Printausgabe 5/21. Darin enthalten ist auch kleiner Vergleich zwischen den Pflege-Finanzierungssystemen Dänemarks und Deutschlands (ein kostenloses Probeexemplar kann unter info@eppendorfer.de angefordert werden). 

Kinotour mit Regisseurin

Regisseurin Louise Detlefsen wird im Rahmen einer kleinen Kinotour an Filmvorführungen in Leipzig, Dresden, Berlin und Hamburg teilnehmen und vor Ort für Publikumsfragen und Interviews zur Verfügung stehen wird. Die Vorführungen finden zu folgenden Terminen statt: Leipzig: Mittwoch, 22. September um 20.15 Uhr (Passage Kinos), Dresden: Donnerstag, 23. September um 19 Uhr (Zentralkino), Berlin: Freitag, 24. September um 18 Uhr (Filmtheater am Friedrichshain), Hamburg: Samstag, 25. September um 17.30 Uhr (Abaton).