Millionen Menschen von
sexualisierter Gewalt betroffen

Frauen sind deutlich häufiger betroffen, Männer berichteten öfter von Übergriffen in Sport- und Freizeiteinrichtungen, im kirchlichen Kontext oder in der Jugendhilfe. Symbolfoto: unsplash

Eine neue Studie zeigt erschreckende Ausmaße: 12,7 Prozent der Befragten haben angegeben, mindestens einmal im Leben von sexualisierter Gewalt betroffen gewesen zu sein – das entspricht hochgerechnet rund 5,7 Millionen Menschen in Deutschland. Diese zentrale Erkenntnis stammt aus der ersten bundesweiten, repräsentativen Studie, die sowohl Häufigkeit, Kontexte als auch Folgen sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche untersucht.


Frauen deutlich häufiger betroffen


Die Ergebnisse zeigen: Besonders Frauen sind betroffen – 20,6 Prozent gaben an, im Kindes- oder Jugendalter sexualisierte Gewalt erlebt zu haben. In der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen waren es sogar 27,4 Prozent. Bei Männern lag die Rate bei 4,8 Prozent.


Sexualisierte Gewalt häufig im familiären Umfeld


Häufigster Tatkontext war die Familie oder das nähere Verwandtenumfeld. Männer berichteten zudem öfter von Übergriffen in Sport- und Freizeiteinrichtungen, im kirchlichen Kontext oder in der Jugendhilfe. Digitale Kanäle spielten bei fast einem Drittel der Fälle (31,7 %) eine Rolle – etwa durch unerwünschte Zusendung pornografischer Inhalte oder Druck zur Weitergabe sexueller Bilder.


Scham und Angst führen zum Schweigen


37,4 Prozent der Betroffenen haben nie mit jemandem über das Erlebte gesprochen. Die Gründe: Scham und die Angst, nicht ernst genommen zu werden. „Das zeigt, dass es immer noch ein erhebliches Dunkelfeld gibt und es vielfach an geschützten Räumen fehlt“, erklärt Prof. Dr. Harald Dreßing, Leiter der Forensischen Psychiatrie am ZI und Koordinator der Studie.


Psychische Folgen und Versorgungsdefizite


Die Studie zeigt, dass das psychische Befinden von Betroffenen deutlich schlechter ist als das von Nichtbetroffenen. „Nur durch fundierte Forschung können Prävention und gezielte Versorgung verbessert werden“, betont Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg, Direktor des ZI.


Hohe Beteiligung – belastbare Daten


An der schriftlichen Befragung durch infratest dimap nahmen über 3.000 Personen teil. Die Studie wurde vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit im Rahmen des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit gemeinsam mit der Universitätsklinik Ulm und dem Institut für Kriminologie Heidelberg durchgeführt. Unterstützt wurde sie durch WEISSER RING Stiftung, Eckiger Tisch e.V. und den Kinderschutzbund. (rd)