Die Hamburger Diakonie und die Caritas haben den Ausbau des „Ankunftszentrums” für Geflüchtete in Rahlstedt kritisiert. Die Innenbehörde würde die Einrichtung immer stärker in Richtung eines „Anker-Zentrums” ausbauen, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme am Donnerstag. Asylsuchende, die bereits in einem anderen EU-Staat registriert sind oder aus sicheren Herkunftsländern kommen, müssten jetzt in dem Zentrum bis zu sechs Monate bleiben. Das gelte auch für Familien mit Kindern unter fünf Jahren. Die Innenbehörde wies die Vorwürfe auf epd-Anfrage zurück.
Rahlstedt sei für eine längere Unterbringung nicht geeignet, sagte Caritas-Direktor Michael Edele. Viele Menschen müssten monatelang in einer Halle mit offenen Trennwänden leben. „Sie können dort nichts anderes tun, als wochen- und monatelang auf ihre Abschiebung zu warten.” Das sei für psychisch belastete Menschen nicht zumutbar. Edele: „Und erst recht ist das kein Ort für Kinder.”
Laut Innenbehörde ist das Ankunftszentrum in Rahlstedt dagegen Hamburgs modernste Unterkunft. Dort sei die Sozialberatung noch einmal verstärkt und Betreuungsangebote aktuell ausgeweitet worden, hieß es aus der Pressestelle. Dazu gehörten auch Sprachkurse, Sportangebote, Kinderbetreuung, Musik- und Kunstangebote. Ein ungehinderter Zugang zur Rechtsberatung sei für die Betroffenen ebenfalls gewährleistet.
Doch kritisiert werden von Diakonie und Caritas auch die nächtlichen Ausgangssperren. Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte sei hier unterschiedlich. Hamburg nutze seine Spielräume für mehr Liberalität und Menschenwürde nicht, kritisierte Diakonie-Vorstand Gabi Brasch. „Wir befürchten, dass hier unter der Hand eine rechtlich fragwürdige Praxis des Freiheitsentzugs ohne richterliche Anordnungen etabliert wird.”
Diakonie und Caritas plädieren dafür, Flüchtlinge im „Ankunftszentrum” Rahlstedt nur kurzfristig unterzubringen. Zumindest müsse für Flüchtlinge der Rechtsweg sichergestellt werden, forderte Brasch. „Eine Fahrkarte zur öffentlichen Rechtsauskunft reicht da nicht.” Nötig seien unabhängige Anwälte in unmittelbarer Nähe der Einrichtung.
Die Innenbehörde räumte ein, dass in Rahlstedt keine Integrationsmaßnahmen stattfinden, weil die Betroffenen keinerlei Aufenthaltsperspektive hätten. Dennoch könnten sie sich „selbstverständlich frei bewegen”. Lediglich bei unmittelbar bevorstehender Rückführung würden sie aufgefordert, sich „zwischen 0 und 6 Uhr in der Unterkunft aufzuhalten”, sagte ein Sprecher.