Hamburg: Chaos
bei der Eingliederungshilfe

Bescheide für Menschen mit Behinderung werden fehlerhaft oder gar nicht zugestellt. Menschen mit Behinderung warten seit Jahresbeginn auf Bescheide und Geld für Unterstützungsmaßnahmen. Jetzt schlägt der Träger Leben mit Behinderung Hamburg Sozialeinrichtungen gGmbH Alarm.

Seit Jahresbeginn sollte das Fachamt für Eingliederungshilfe, angedockt beim Bezirksamt Wandsbek, anhand der Richtlinien des Bundesteilhabegesetzes (BTHG), die neuen Bescheide für die Eingliederungshilfe ausstellen. Zeitgleich wurde ein neues EDV System eingeführt, dass derzeit nicht gut funktioniert. Mit der Folge, dass die Bescheide falsch und verspätet ausgestellt werden. „Es kann nicht sein, dass Zuwendungsempfänger auf einmal kein Geld mehr kriegen und wir auf Nachfrage hören, dass die Sachbearbeiter*innen den Haken nicht setzen konnte, weil das System fehlerhaft sei“, sagt Kerrin Stumpf, Geschäftsführerin des Elternvereins von Leben mit Behinderung Hamburg.

So fehlten Menschen mit Behinderungen zum Beispiel Leistungsbescheide über Assistenzleistungen, Beförderungskosten oder die Kosten für die Unterkunft. Das habe zur Folge, dass Leistungen nicht in Anspruch genommen werden bzw. nicht bezahlt werden können. „Die Menschen sehen einen Betrag auf ihrem Konto, wissen aber nicht wofür das Geld überwiesen wurde“, so Stumpf weiter.

Ingrid Jäger, Vorsitzende Leben mit Behinderung Hamburg Elternverein, und Kerrin Stumpf, Geschäftsführerin, Leben mit Behinderung Hamburg Elternverein, haben sich in einem Offenen Brief an den Wandsbeker Bezirksamtsleiter Thomas Ritzenhoff gewandt, denn: Der Adminstrations-Stau blockiert die Umsetzung des BTHGs mit den neuen Standards der Bedarfsfestellung für Menschen mit Behinderung.

Der Sozialverband Deutschland (SOVD), Landesverband Hamburg, schlug im Juli mit einem „Online-Talk” zum Thema „Grundsicherung und Eingliederungshilfe – Hamburger Sozialämter vor dem Kollaps” in eine ähnliche Kerbe. „Personelle Engpässe, grundlegende strukturelle Reformen durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG), die Einführung einer neuen, umstrittenen Software – und dann auch noch erschwerte Bedingungen durch Corona: Nicht nur Überlastungsanzeigen der Mitarbeitenden in den zuständigen Ämtern zeigen gravierende Probleme und akuten Handlungsbedarf auf“, so die Veranstaltungsankündigung. Als Folgen beschreibt der Sozialverband: „Dringend benötigte Hilfen werden nicht rechtzeitig bewilligt, der Zugang zu den Ämtern gestaltet sich nahezu unmöglich und auch Leistungsanbieter stehen vor dem Ruin, weil Gelder nicht zeitnah ankommen.“ (rd)

Bereits im Juni berichteten wir über Bürokratiestress im Zusammenhang mit der Umsetzung des BTHG.