Es ist durch: Der Hessische Landtag hat mit den Stimmen der Regierungsfraktionen SPD und CDU eine Änderung des Hessischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes PsychKHG verabschiedet, die nach Inkrafttreten die hessischen psychiatrischen Kliniken zu umfassenden Meldepflichten an die Sicherheitsbehörden verpflichtet. Das Vorhaben war in den vergangenen Monaten von vielen Seiten scharf kritisiert worden. So auch von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). Sie warnt vor Stigmatisierung und Unvereinbarkeit mit ärztlicher Schweigepflicht. „Diese Änderung sendet ein falsches Signal für die Weiterentwicklung der bestehenden PsychKHGs. Sie wird die Gefahrenabwehr nicht verbessern und sie könnte sogar zu einer Zunahme des Gewaltrisikos durch unbehandelte psychische Erkrankungen führen“, teilte die Fachgesellschaft mit.
Im neu formulierten § 28 Absatz 4 des Hessischen PsychKHG werden die psychiatrischen Kliniken demnach verpflichtet, bei der Entlassung von Patientinnen und Patienten, die wegen einer Fremdgefährdung untergebracht waren, die zuständige Polizeibehörde zu informieren „und alle für eine Gefährdungseinschätzung notwendigen Informationen zu übermitteln.“ Dies gelte für alle Patientinnen und Patienten, bei denen „nicht näher bestimmte Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie auch nur möglicherweise in absehbarer Zeit in einer nicht näher bestimmten Form die Gesundheit oder andere bedeutende Rechtsgüter Anderer gefährden könnten.“
Diese Vorschrift gehe weit über das legitime Ziel hinaus, in besonderen Einzelfällen, in denen bei Entlassung eine weitere konkrete und gegenwärtige Gefährdung Dritter zu erwarten ist, die zuständige Polizeibehörde zu informieren, macht die DGPPN deutlich. „Die nunmehr zu übermittelnden Informationen werden es erlauben, umfangreiche Datenbanken über eine große Zahl von Menschen anzulegen, die in psychiatrischen Kliniken behandelt worden sind.“
DGPPN-Präsidentin Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank: „Wir lehnen die Gesetzesänderung des hessischen PsychKHG angesichts eines höchst problematischen Umgangs mit der ärztlichen Schweigepflicht aufs Schärfste ab. Darüber hinaus birgt die neue Fassung des PsychKHG ein erhebliches Stigmatisierungspotenzial und wird vermutlich das Vertrauen der Betroffenen in die Arzt-Patient-Beziehung und in das psychiatrische Hilfesystem grundlegend erschüttern.“ Eine gute und kontinuierliche Behandlung sei „der einzig effiziente Weg zur Reduktion des Risikos von Gewalttaten durch psychisch kranke Menschen“, so auch der Tenor des DGPPN-Positionspapiers vom Sommer 2025. Prof. Gouzoulis-Mayfrank weiter: „Die heute beschlossene Gesetzesänderung wird ihr eigentliches Ziel der Risikoreduktion nicht nur verfehlen, sondern sie kann dazu beitragen, das Risiko gesamtgesellschaftlich sogar zu steigern.“ (rd)
