Von Identitätssuche und Selbstpathologisierung jugendlicher Patienten bis zu TherapeutInnen, die nicht aufhören (können) reichte das diesjährige Themenspektrum beim Hamburger Symposium Persönlichkeitsstörungen. Wie in jedem Jahr, so gab es auch diesmal ein erhellendes und vergnügliches Schlusshighlight. Eingeladen waren die eineiigen Zwillingsbrüder Wolfgang und Dieter Berner (letzterer erblickte 10 Min. nach seinem Bruder Wolfgang das Licht der Welt).
Heute haben sie die 80 überschritten und erfreuen sich sichtbarer Vitalität und hoffentlich auch bester Gesundheit. Sie gaben ihrem „Vortrag“, den sie dann in der erfrischenden Form eines Dialogs präsentierten, zwar den Titel: „Wann ist Schluss?“, aber von Schluss oder Aufhören oder Ende war eigentlich nicht die Rede.
Vielmehr tauschten sich die beiden Österreicher – unter den Augen und Ohren des neugierigen und amüsierten Publikums – über die Frage aus, wie sie den Weg aus der Zwillingssymbiose hinaus in eine beständige zwillingsbrüderliche Verbundenheit bei gleichzeitiger Abgrenzung und Autonomiebildung geschafft haben.
Der eine machte Karriere in der Wissenschaft, der andere im Bereich Film
Beide haben eine gute Karriere hingelegt: Prof. Wolfgang Berner als Psychoanalytiker und Wissenschaftler, der 15 Jahre lang das Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie am UKE Hamburg leitete (und heute wieder in Wien lebt) und Prof. Dieter Berner als Künstler im Bereich Film. Seine „Alpensaga“ gilt noch heute als wegweisend für das Genre Heimatsaga.
Wie haben sie es denn nun hingekriegt, sich mit ihren Alleinstellungsmerkmalen zur Geltung zu bringen? Der „Knoten hinterm Ohr“o.ä. als körperliches Unterscheidungsmerkmal wollte Wolfgang Berner hierzu nicht reichen. „Wir haben unsere Identitätsproblematik künstlerisch bearbeitet“, so Dieter Berner, „in einer Jugendfreizeit haben wir z.B. einen Sketch auf die Bühne gebracht: Du warst der Polizist und ich ein Betrunkener. Am Ende rief ich: Jetzt weiß ich nicht mehr. Bin ich ich oder bin ich du?“ So kann Identitätsbildung auch gehen!
Auch hätten sie sich in ihren professionellen Feldern immer „Brüder“ gesucht. Bei Wolfgang Berner waren es einige Institutsmitarbeiter, die er eher auf Augenhöhe sah und behandelte, bei Dieter Berner waren es Hauptdarsteller oder Co-Autoren.
Am Ende verließen viele schmunzelnd den Saal. Diese gelungene Abschlussperformance war mal wieder eine Bestätigung dafür, dass man die alljährlich sich wiederholende Choreographie dieses Symposiums unbedingt beibehalten sollte.         M. de Ridder
- online first (Einen ausführlichen Bericht über das Symposium lesen Sie in der Printausgabe EPPENDORFER 6/25, die am 4. November erscheint)

 Schafften die Befreiung aus der „Zwillingssymbiose“: Wolfgang und Dieter Berner. (Foto: de Ridder)
Schafften die Befreiung aus der „Zwillingssymbiose“: Wolfgang und Dieter Berner. (Foto: de Ridder)