Wegen des 539-fachen Verschreibens von Cannabis an vermeintliche Patienten muss ein niedergelassener Münchener Arzt für dreieinhalb Jahre in Haft. Wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Mittwoch bekanntgegebenen Beschluss entschied, ist das vom Landgericht München I verhängte Urteil wegen „gewerbsmäßigen Verschreibens von Betäubungsmitteln“ nicht zu beanstanden. (AZ: 1 StR 266/22)
Nach der Änderung des zum 10. März 2017 in Kraft getretenen Betäubungsmittelgesetzes dürfen Ärzte ihren Patienten unter bestimmten Voraussetzungen Cannabis verschreiben. Die Behandlung mit Cannabis muss medizinisch erforderlich sei. Außerdem muss der Patient vom Arzt hierfür untersucht werden.
Im Streitfall nutzte der niedergelassene Arzt Rolf M., 69, das Gesetz jedoch als Einnahmequelle. Der als „Cannabis-Arzt“ bekanntgewordene Mann verschrieb von März 2017 bis Anfang Oktober 2018 in 539 Fällen Cannabis an angebliche Patienten. Unter dem Deckmantel seiner ärztlichen Zulassung verordnete er Cannabisprodukte, obwohl er die “Patienten” zuvor nicht körperlich untersucht hatte und die Verschreibung jeweils nicht medizinisch indiziert war. Seine Leistungen rechnete er nicht nach der Gebührenordnung für Ärzte, sondern gegen unmittelbare Barzahlungen ab. Für die Erstverschreibung erhielt er 120 Euro, ab 2018 jeweils 150 Euro. Insgesamt erzielte er Erlöse in Höhe von 47.740 Euro.
Das Landgericht München I wertete das Vorgehen zuvor als strafbares gewerbsmäßiges Verschreiben von Betäubungsmitteln. Er habe seine Pflichten als Arzt grob verletzt. Denn die unkontrollierte Verschreibung von Cannabis sei „grundsätzlich geeignet, erhebliche Gesundheitsgefahren für die Empfänger der Rezepte hervorzurufen“, so das Landgericht. Der Arzt habe sich mit der Droge eine „dauerhafte Einnahmequelle“ verschaffen wollen. Das Landgericht verurteilte ihn wegen des Verschreibens von Cannabis sowie wegen des illegalen Besitzes einer Pistole zu einer dreieinhalbjährigen Haftstrafe. Zugunsten des geständigen Angeklagten wertete das Gericht, dass der Arzt freiwillig auf seine Approbation verzichtet hat.
Die gegen das Urteil eingelegte Revision wies der BGH nun als „unbegründet“ zurück. Das Urteil ist damit rechtskräftig. (epd/rd)