Neues Urteil
zu Fixierungen

Fixierbett - ein neues Urteil wies erneut auf die Grenzen der Freiheitsbeschränkung hin. Foto: hin

Ärzte und Pflegekräfte, die in Kliniken Patienten rechtwidrig fixieren, müssen mit Strafverfolgung rechnen. Eine länger als etwa 30 Minuten dauernde, nicht genehmigte Zwangsfixierung stellt einen gravierenden Eingriff in das Freiheitsgrundrecht dar, der strafrechtliche Ermittlungen begründet, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. (AZ: 2 BvR 1763/16) Die Richter rügten die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens gegen einen Amtsarzt, einen Stationsarzt und einen Pfleger.

Im konkreten Fall war die Beschwerdeführerin 2012 vom Pferd
gestürzt. Im Uniklinikum Kiel wurden ein Schädel-Hirn-Trauma und diverse Prellungen festgestellt. Als die Frau nur einen Tag später und gegen den ärztlichen Rat die Klinik wieder verlassen wollte, wurde sie unter Zwang an Bett geschnallt.

Der angeforderte psychiatrische Amtsarzt diagnostizierte eine
Hirnverletzung und eine nicht näher bezeichnete psychische Störung mit
Erregungszuständen. Eine Amtsrichterin ordnete später wegen einer erheblichen Eigengefährdung die vorübergehende Unterbringung der Frau im geschlossenen Klinik-Bereich an.

Die zwangsweise Fixierung der Frau wurde später von Gerichten als
rechtswidrig angesehen. Wegen der Verletzung ihres Freiheitsgrundrechts verlangte die Frau strafrechtliche Ermittlungen und ein Strafverfahren. Die Staatsanwaltschaft stellte diese jedoch wegen Geringfügigkeit ein.

Doch damit wurde die Frau in ihrem Recht auf effektive Strafverfolgung
verletzt, entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht. Eine zwangsweise Fixierung von etwa mehr als einer halben Stunde stelle einen Freiheitsentzug dar. Sei diese rechtswidrig, könne “der Verzicht auf Strafverfolgung zu einer Erschütterung des Vertrauens in
das Gewaltmonopol des Staates führen”, befanden die Verfassungsrichter.

Im vorliegenden Fall seien die Ermittlungen gegen den Stationsarzt und
den Pfleger zu Unrecht ohne weitere Aufklärung des Sachverhaltes –
insbesondere zu den Folgen des Freiheitsentzugs bei der Frau –
eingestellt worden. Sie hatte zu Protokoll gegeben, dass sie wegen der
Zwangsfixierung eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten habe.

Auch das Aus des Verfahrens gegen den Amtsarzt rügte das
Bundesverfassungsgericht wegen der unterlassenen weiteren Ermittlungen. Dass sich die Amtsrichterin nicht strafrechtlich verantworten musste, sei dagegen nicht zu beanstanden, hieß es. (epd)