40 Jahre ist es her, dass die Enquete vorgelegt wurde – der Bericht über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland, der zum Ausgangspunkt umfassender Reformen wurde. Die aber in Schleswig-Holstein nur schleppend in Gang kamen. Und so entstand vor 30 Jahren der EPPENDORFER als ein bis heute ambitioniertes Zeitungsprojekt – mit der Idee, Schwung in die Szene zu bringen, Dinge zu hinterfragen und einen Dialog anzustoßen. Heute ist die Psychiatrie eine andere, und der EPPENDORFER hat sich weit von seinen Ursprüngen wegent- wickelt.
BRUNSBÜTTEL/HAMBURG (hin). Allzu beleibt dürfen sie nicht daherkommen, die Träger des EPPENDORFERS. Gemeint ist in diesem Fall der angeblich in der Hamburger Universitätsklinik „erfundene“ Klassiker unter den Ärztekitteln, der auf Taille geschnitten ist. Er wurde Namensgeber für diese Zeitung. Hintergrund: Der Name sollte damals nicht sofort an Psychiatrisches erinnern und dennoch medizinische Kompetenz zum Ausdruck bringen. Bei dem Namen, inzwischen zur Marke geworden, ist es geblieben – auch wenn dies bis heute zu Irritationen führt und die Zeitung von „Unbedarften“ entweder mit dem gleichnamigen Stadtteil oder mit dem UKE in Verbindung gebracht wird. Weshalb wir nicht müde werden, einmal mehr für Aufklärung zu sorgen …
Mit Eppendorf also hat das Blatt so gar nichts zu tun, das 1986 in Brunsbüttel von Uwe Böttjer in die Welt gebracht wurde. Böttjer hatte dort 1982 die sozialpsychiatrische Einrichtung Koog-Haus gegründet und wollte von hier aus die Reform mitgestalten, von der in Schleswig-Holstein noch nicht viel zu spüren war. Die Versorgung fand damals noch weitgehend in großen Landeskrankenhäusern und Pflegeheimen statt.
Die wechselvolle Geschichte dieser Zeitung wurde erst vor fünf Jahren – zum 25.ten Jubiläum – ausführlichst beleuchtet. In diesem Jahr haben wir daher den Fokus auf die Rückmeldungen und Anregungen von Ihnen, den Lesern, gelegt und den Umfang der Grußworte langjähriger Begleiter auf zwei Seiten erhöht.
Die Geschichte daher nur in aller Kürze. Die Zeitung erschien zunächst nur vierteljährlich. Unter anderem, weil es zu teuer fürs Koog-Haus wurde, wurde die Zeitung Mitte der 90er Jahre kurzerhand wieder eingestellt. Bis heute lässt sich die Produktion nicht durch Abonnenten und Anzeigen refinanzieren. Laut Überlieferung setzte sich dann der damalige Psychiatrie-Referent Dr. Benedikt Müller-Lucks dafür ein, als Ersatz für den früheren EPPENDORFER ein monatliches Informationsblatt herauszugeben und organisierte Geld für eine Brunsbütteler Redaktions-Grundausstattung. Bis heute ist die Zeitung übrigens auch ein Arbeitsprojekt des Koog-Hauses: Bewohner der Einrichtung, die hier auch Ausbildungen, z.B. zum Bürokaufmann, absolvieren können, werden z.B. im Vertriebsbereich, aber auch für Abonnenten-Betreuung und Anzeigen-Bearbeitung eingesetzt.
Doch die Produktion einer Zeitung innerhalb einer Einrichtung gestaltete sich mehr und mehr zu einem Kraftakt, und so wurde die Redaktion und schließlich auch die Gesamtproduktion Ende der 90er Jahre Schritt für Schritt ganz in die Hände der Hamburger Tageszeitungsredakteurin Anke Hinrichs abgegeben.
Sie leitet bis heute die Redaktion aus freien, regional verankerten Mitarbeitern. Die Träger indes wechselten. 2001 wurde – wegen der hohen Zuschusskosten – ein Mitherausgeber gesucht. Es meldete sich Jörg Hemmersbach, damals Geschäftsführer der später privatisierten ehemaligen Landesanstalten Neustadt und Heiligenhafen. 2003 musste dann das Koog-Haus Insolvenz anmelden und wurde an die Vitanas GmbH & Co. KGaA mit Hauptsitz in Berlin verkauft – EPPENDORFER inklusive. Bis 2018 war Vitanas Eigentümer und Mitherausgeber der Zeitung. Und auch die zweite Mitherausgeberschaft blieb auch nach der Krankenhausprivatisierung konstant – zunächst bei den AMEOS Klinika in Holstein. Mit dem Übergang auf die AMEOS Zentrale in Zürich wurde dann vor sechs Jahren eine Ausweitung der Berichterstattung auf Bremen, Niedersachsen sowie in Ansätzen Berlin und neue Bundesländer initiiert.
Was bleibt? Ein Exot der Printmedien, eine in dieser Form einmalige, kleine, besondere Zeitung, die sich vieler Krisen zum Trotz erstaunlich hartnäckig gehalten hat – und zum Weiterleben weiter auf seine Abonnenten und neue Leser angewiesen ist. Und die sich weiter entwickeln will. Nachdem das 25-jährige Jubiläum mit einem Fest gefeiert wurde, soll der 30. Geburtstag zum Anlass genommen werden, in den digitalen Auftritt des EPPENDORFERS und einen Relaunch der Homepage zu investieren.