Im Kaufrausch

Nach dem Kaufrausch folgt bei Sonja schnell Ernüchterung und das schlechte Gewissen. Copyright: ZDF/Florian Hellwig

Etwa fünf Prozent der Bevölkerung sind Studien zufolge Kaufsucht-gefährdet. Die „37 Grad”-Dokumentation „Im Kaufrausch” – gezeigt am 13.2. –  will für eine Sucht sensibilisieren, die zwar noch nicht als eigenständige Erkrankung anerkannt ist, in Zeiten permanenter Warenverfügbarkeit aber wohl weiter an Bedeutung gewinnen wird.

Zum Inhalt schreibt die Pressestelle des Senders: „Jürgen (57) hat durch seine Kaufsucht alles verloren. Schon immer hat er sich für schöne Dinge interessiert und gern gekauft. Doch er braucht immer mehr, kauft schicke Kleidung in Massen, ausgefallene Wohnaccessoires und stilvolle Autos. Um seine Sucht zu finanzieren, erfindet er Arztrechnungen für nie stattgefundene Behandlungen. Nun erwartet ihn ein Gerichtsprozess.

Katinka (28) kauft, um einen inneren Druck loszuwerden. Wenn es ihr nicht gut geht, dann ziehen sie die Angebote im Internet und in Läden magisch an. Sie kauft meist nicht für sich, sondern immer und immer wieder für ihre Kinder – Spielsachen und Kleidung. Dabei brauchen ihre Kinder die Sachen nicht. Für Katinka ist die Kaufsucht ein Teufelskreis, aus dem sie endlich ausbrechen möchte.”

Die Ausgangsfragen für den Film waren: Wie geht es Menschen, die süchtig nach Konsum sind? Menschen, bei denen aus der Freizeitbeschäftigung eine ernste Suchterkrankung geworden ist? Wie kam es bei ihnen dazu und wie schaffen sie es im Alltag mit der Sucht umzugehen und sie zu bewältigen?

Nach einer Studie der Medizinischen Hochschule Hannover zeigen bereits über drei Millionen Jugendliche und Erwachsene in Deutschland Symptome von Kaufsucht. Doch war die Suche nach Betroffenen schwierig. Wie bei vielen anderen Süchten findet auch das „pathologische Kaufen“ oft heimlich und im Verborgenen statt. Und Kaufsüchtige haben ein zusätzliches Problem: Wenn sie sich offenbaren, wird ihr Verhalten häufig bagatellisiert. „Hör doch einfach auf zu kaufen. So schwer kann das doch nicht sein!“ hören sie dann von einigen Freunden oder Angehörigen, erfuhren die „Macher” des Films, Ann-Kristin Danzenbächer und Florian Hellwig.

Nach mehrwöchigen Recherchen fanden sie schließlich Kaufsüchtige, die bereit waren, sich in ihrem Alltag mehrere Monate lang begleiten zu lassen – Katinka, Sonja und Jürgen. Eine Motivation für alle drei an dem Film mitzuwirken: Sie wollten über das noch relativ unbekannte Phänomen der Kaufsucht aufklären. Bei ihnen begann der Kontrollverlust beim Einkaufen, wie bei vielen anderen Betroffenen, schleichend.  „Unser Blick auf das Kaufen hat sich durch die Reportage verändert”, so Danzenbächer und Hellwig: „Wer in den Fußgängerzonen mit vollbepackten Tüten ist vielleicht auch kaufsüchtig?’ denken wir nun. Und angesichts der gravierenden Folgen, die die Sucht mit sich bringen kann, macht uns eine Entwicklung, die sich in Studien abzeichnet, Sorgen: Dass immer mehr jüngere Menschen von einer Kaufsucht betroffen sind.”