Noch weniger Zeit für Patienten, akute Bedrohung für kleine Kliniken – Wie sich die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschlossenen künftigen „personellen Mindestvorgaben” für Psychiatrien konkret auswirken könnten, beschreibt Prof. Andreas Heinz in einem Interview mit dem Stern, wo er explizit vor einer jetzt drohenden Personaluntergrenze warnt und die Bundestagsabgeordneten um Intervention bittet. Hintergrund: Auch die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), deren Vorsitzender Heinz ist, hat sich inzwischen dem Anfang September im Stern veröffentlichten „Rettet die Medizin“-Appell von 215 Ärzten angeschlossen.
„Wir haben uns 10 bis 20 Prozent mehr Personal erhofft, damit zum Beispiel für jeden Patienten zwei Stunden Psychotherapie pro Woche möglich sind. Was wir nun bekommen: eine Kürzung auf 85 Prozent als Untergrenze“, so Heinz in dem Interview. Die geplante Neuregelung würde noch mehr Verwaltungs- und Dokumentationsarbeit – und noch weniger Zeit für Patienten bedeuten. Für kleine Krankenhäuser können die angedrohten Sanktionen sogar das Aus bedeuten, meint er. „Dann hätten wir auf dem Land nur noch Großkliniken wie vor 40 Jahren.“ Problematisch sei, dass nun zwar eine absolute Untergrenze definiert sei, „aber nicht das, was für eine gute und zeitgemäße Behandlung nötig ist”, also eine Sollvorgabe.
Die aktuelle Versorgung beschreibt der Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Charité Campus Mitte in Berlin so: Für jeweils 18 „durchschnittlich kranke Patienten auf unser Station” würden die Kassen „in etwa eine Viertel-Psychotherapeutenstelle, eine Viertel-Oberarztstelle und einen Psychiater in Weiterbildung plus Urlaubsvertretung“ zahlen. Das gewährleiste derzeit nur für etwa zehn Patienten eine Psychotherapiesitzung pro Woche – „und selbst das ist sehr optimistisch gerechnet, denn einige Zeit wird benötigt, um die Sitzungen zu dokumentieren, zu supervidieren und im Team zu diskutieren“, schränkt Heinz ein.
Für eine Modifizierung der jetzt beschlossenen neuen Vorgaben sehe er keine Chance. „Wir bitten deshalb nun die Bundestagsabgeordneten mit allem Nachdruck, gesetzlich vorzuschreiben, dass Krankenhäuser wie bisher mit bundesweit gültigen Sollvorgaben in die Kassenverhandlungen gehen. Die müssen weit über der Minimalvorgabe von 85 Prozent des bisherigen Personalstandards liegen und über dem Status quo – also 2020 unbedingt bei über 105 Prozent der bisherigen Psychiatrie-Personalverordnung”,so Prof. Andreas Heinz im Stern.