Hamburg will mehr
gegen Obdachlosigkeit tun

Die Stadt Hamburg will die Straßensozialarbeit stärken und Obdachlosigkeit mehr entgegenwirken. Die Sozialbehörde beschloss dazu laut Mitteilung am Mittwoch eine Neukonzeption der Straßensozialarbeit und flankierender Hilfen für Obdachlose. Hilfsbedürftige sollen künftig wirksamer erreicht werden und einen schnelleren Zugang zum Hilfe- und Regelsystem erhalten.


Oberstes Ziel sei, verfestigte Obdachlosigkeit zu verhindern oder zu beenden, informierte die Sozialbehörde. Betroffenen sollen Perspektiven aufgezeigt, Hilfsprozesse sollen eingeleitet und beharrlich nachverfolgt werden. Neue koordinierende Stellen würden eingerichtet, die Strukturen der Straßensozialarbeit und der Sucht- und Obdachlosenhilfe würden stärker verzahnt. Zudem sollen Straßensozialarbeit, Ordnungs- und vergleichbare Kräfte stärker zusammenarbeiten.
In Planung befänden sich die finanzielle und personelle Stärkung der Straßensozialarbeit, die Errichtung eines Fachkräftepools und die Entwicklung eines einheitlichen Berichtswesens, informierte die Behörde. Bereits 2024 sei unter anderem die Koordinierungsstelle Social Hub Hauptbahnhof eingerichtet worden. Seit Januar 2025 sei das Streetwork-Mobil unterwegs.

Voraussichtlich Anfang des dritten Quartals werden laut Sozialbehörde die Rahmenbedingungen der Straßensozialarbeit in einer Förderrichtlinie ausgeschrieben. Sie soll zum 1. Januar 2026 in Kraft treten.
Hamburger Wohlfahrtsverbände sehen in dem Konzept laut der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Hamburg (AGFW) Licht und Schatten. Die Verbände kritisieren demnach unter anderem die im Konzept formulierte „Beharrlichkeit“ im Umgang mit Klientinnen und Klienten. Es werde nicht funktionieren, Lösungen vorzugeben oder Druck auszuüben, erklärte Sandra Berkling von der AGFW. Eine beharrliche Ansprache konterkariere den fachlichen Ansatz der Straßensozialarbeit. Die Diakonie Hamburg erklärte, es fehle nicht am Willen der Betroffenen, sondern an strukturellen Anschlussmöglichkeiten.


Ein weiterer Kritikpunkt der Verbände sei die „verbindliche Zusammenarbeit mit den Ordnungs- und Sicherheitsbehörden“, die von Straßensozialarbeitenden eingefordert wird. Aus Sicht der Verbände sei hier eine klare Abgrenzung nötig. Straßensozialarbeit handele im Interesse der Menschen auf der Straße und ergreife für sie Partei.
Die Diakonie sieht in dem Konzept eine zunehmende Vermischung von Sozial- und Ordnungspolitik und damit ein falsches Signal „Obdachlosigkeit ist keine Bedrohung. Menschen in Not brauchen in erster Linie Unterstützung und einen respektvollen Umgang – keine sicherheitspolitische Behandlung“, sagte Stefanie Koch von der Diakonie.
Weiter kritisierte die Diakonie, dass das Konzept mit dem Begriff „lebenslagenverändernd“ eine Zielsetzung beschreibe, die in vielen Fällen nicht realistisch ist. Koch: „Zunächst ist häufig eine Stabilisierung und Verbesserung der Lebenssituation das vorrangige Ziel.“
Die Zahl der obdachlosen Menschen ist in Hamburg in den vergangenen Jahren angestiegen. Die Sozialbehörde verwies auf eine Erhebung des Bundeswohnministeriums: Sie gebe für Hamburg die Zahl der obdachlosen Menschen mit 3.800 an.
epd