Gute Aussichten

Die Heinrich-Sengelmann Kliniken wenden sich mit neuem Tagesklinik-Konzept und mitten in Hamburg an Menschen mit psychischen Problemen, die riskant Alkohol oder Drogen konumsieren – aber bei denen noch nicht die Suchtabhängigkeit im Vordergrund steht. 

Stress und Unruhe, depressiv und antriebsarm – der Wein am Abend scheint erstmal zu helfen, eine Auszeit aus der miesen Stimmung zu vermitteln. Aber: Zuviel Alkohol macht das System instabil. Das erzeugt letztlich noch mehr Stress und Gereiztheit, worauf dann ein neuer Griff zum Alkohol oder zur Tablette folgt – so beschreibt Prof. Matthias Lemke, Ärztlicher Direktor und Geschäftsführer der Heinrich-Sengelmann-Kliniken, den Teufelskreis der Komorbidität, die den Verlauf einer psychischen Erkrankung verschlechtert.

Der zusätzliche, riskante und schädigende Konsum von Menschen, die ohnehin an psychischen Problemen wie Depression oder Angst leiden, habe zugenommen. Als riskant gilt alles jenseits der empfohlenen Dosis von maximal ein bis zwei Gläsern am Tag – bei zwei Tagen ohne Konsum. In den USA wurde dafür im DSM V inzwischen eine eigene Diagnose – Substanzgebrauchsstörung – geschaffen. Eine Form von Pathologisierung, so Matthias Lemke. Aber da sei auch was dran …

Für diese spezielle Klientel mit einem komorbiden, riskanten bzw. grenzwertigen Konsum von Alkohol, anderen Drogen wie Cannabis oder Tabletten oder auch PC, der sich aber noch nicht in einer Suchtkrankheit verfestigt hat, haben die HSK in ihrer neu eröffneten ersten Tagesklinik in Hamburg ein spezielles und in dieser Art für Hamburg neues Konzept entwickelt.

Unauffällig gelegen, im vierten Stock eines Hochhauses im Winterhuder Weg 20-3, entfaltet sich im Inneren ein weiträumiges helles und geschmackvoll eingerichtetes Ambiente mit großem Ergotherapiebereich und einer großen Küche, in der auch Kochen zur Gesundung verhelfen soll. Das diagnoseübergreifend ausgelegte Behandlungskonzept setzt neben wöchentlichen Einzelgesprächen viel auf Gruppenarbeit, geboten wird zudem u.a. Psychoedukation, Achtsamkeitstraining, Suchtedukation, DBT, Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT), wie die leitende Psychotherapeutin Anne Gührs erläuterte.

Auch Logotherapie nach Viktor Frankl fließt mit ein. Denn auch in Sachen Umgang mit Sinn- und Wertefragen wird ein wachsender Bedarf gesehen. Nach Ahrensburg, Bargteheide und Reinbek ist die Uhlenhorster Tagesklinik die vierte Ausgliederung aus Bargfeld-Stegen. „Wir sind konsequent den Weg weiter in die Quartiere gegangen“, so Prof. Dr. Hanns-Stephan Haas, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Alsterdorf, bei der Eröffnung der neuen Tagesklinik, wo er vom „Stadtteil als zweitem Therapeuten“ sprach – bevor er die neuen Räume segnete.

Das zur ESA gehörende 1964 gegründete Haupthaus in Bargeld-Stegen wurde einst für 1000 Menschen konzipiert, hält heute noch 220 Betten vor, darunter auch Planbetten für Hamburger. Zehn davon wurden jetzt in TK-Plätze umgewandelt, die Hamburg durch zehn neue Betten aufstockte. Die fünfte Klinik soll bereits dieses Jahr in Bad Oldesloe eröffnet werden. Allerdings werden noch Räu- me gesucht. Geplant ist wieder eine Besonderheit: Es soll ein Angebot für Ältere entstehen – in Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Vorwerker Diakonie Lübeck.

s.a. https://www.heinrich-sengelmann-kliniken.de