Was passiert mit Oskar und Lotta, wenn Frauchen plötzlich Luftnot hat? Das Projekt “Pfoten-Buddies” vermittelt Ehrenamtliche, die älteren oder erkrankten Menschen bei der Versorgung ihrer Haustiere helfen. Die Nachfrage steigt.
Ute Haßlinger hatte immer Hunde – Foxterrier, Cockerspaniel oder Boxer. Im Wohnzimmer hängen eingerahmte Erinnerungsfotos an der Wand. Heute kuscheln sich die Hunde Oskar und Lotta auf ihrem Sofa ein. „Oskar ist sehr verschmust“, erzählt die 83-jährige Hamburgerin und krault seine langhaarigen Ohren. Oskar genießt die Krauleinheiten nicht nur von ihr. Für lange Spaziergänge inklusive Kraulen kommen mehrmals in der Woche Ehrenamtliche des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) vorbei. Das Hamburger ASB-Projekt „Pfoten-Buddies“ vermittelt Ehrenamtliche, die älteren oder erkrankten Menschen kostenlos bei der Versorgung ihrer Haustiere helfen. Anfang 2025 will der ASB auch in Lüneburg ein ähnliches Angebot starten.
„Ich bekomme nicht mehr so gut Luft, lange Spaziergänge schaffe ich nicht mehr“, sagt Ute Haßlinger, die alleine lebt. Immer nur kurze Runden um den Block seien für die Tiere jedoch zu wenig. „Sie sind zwar auch nicht mehr die jüngsten, aber da hätte ich ein schlechtes Gewissen“, sagt die Seniorin, die seit rund einem Jahr die Hilfe der „Pfoten-Buddies“ nutzt. Drei Frauen gehen abwechselnd längere Gassi-Runden, toben mit den Hunden herum und haben auch Zeit für einen Plausch bei einem Kaffee.
Heute ist Mirre Jensen da. Oskar und Lotta springen schwanzwedelnd auf sie zu. „Sie wissen, es geht los“, lacht die 41-Jährige, die selbst Katzen zu Hause hat. Für sie sind die Hunde-Runden am Wochenende ein guter Ausgleich zum Job als Software-Ingenieurin und Gruppenleiterin: „Dabei kann ich richtig schön abschalten.“
Gute Ausgleich zum Job als Software-Ingenieurin
Seit 2023 bietet der ASB Hamburg die tierische Hilfe an. „Wir haben klein angefangen, aber die Nachfrage steigt schnell“, sagt Initiatorin Marion Wessling. Das gemeinnützige Projekt wird vor allem von der Kummerfeldt-Stiftung finanziert. Ende September hat sich das Team über die Auszeichnung mit dem Annemarie-Dose-Preis des Hamburger Senats gefreut. Angesichts der alternden Gesellschaft rechnet Wessling mit einer weiter steigenden Nachfrage.
Von knapp 880 Ehrenamtlichen im „Pfoten-Buddies“-Pool sind aktuell rund 130 aktiv. Mit ihrer Hilfe unterstützt das Projekt bislang über 110 Tierhalterinnen und Tierhalter in Hamburg. Vor allem Hunde werden versorgt. „Damit können wir verhindern, dass alleinstehende, ältere oder erkrankte Menschen ihre geliebten Haustiere ins Tierheim geben müssen“, sagt die 51-jährige Projektkoordinatorin.
Manche brauchen langfristige Gassi-Unterstützung, andere nur die einmalige Hilfe beim Tierarzt-Besuch. Wessling: „Im Notfall wird ein Tier auch mehrere Wochen übernommen, wenn Frauchen oder Herrchen ins Krankenhaus müssen.“ Vorbild der Hamburger „Pfoten-Buddies“ sind die „Silberpfoten“ aus Stuttgart, das wohl erste Projekt dieser Art. Um weitere Nachahmer zu finden, wird das Hamburger Projekt 2025 beim Jahrestreffen des ASB-Hundebesuchsdienstes vorgestellt.
Seit August ist auch eine Hundetrainerin dabei
Auch das Hamburger „Pfoten-Buddies“-Team ist gewachsen, seit August ist eine Hundetrainerin dabei. „Bevor wir Ehrenamtliche vermitteln, müssen wir Mensch und Tier kennenlernen.“ Die Trainerin stuft den Hund ein: Hat er besondere Ansprüche, oder ist er pflegeleicht? Geachtet wird auch auf kurze Wege für die Ehrenamtlichen. Und natürlich sollte die menschliche Seite passen. Wessling: „Durch den Kontakt mit den Ehrenamtlichen wollen wir auch gegen die soziale Vereinsamung älterer oder kranker Menschen angehen.“
Vor kurzem hat Ute Haßlinger eine kleine Weihnachtsfeier mit ihren drei Helferinnen gefeiert. „Ich bin ihnen so dankbar, wir waren zusammen Essen“, erzählt sie. Mirre Jensen lächelt. Der Hundesitter-Job ist längst mehr als nur Tierliebe: „Ich habe in Ute eine neue Freundin gefunden.“ Die Seniorin mit den kurzen grauen Haaren holt noch einen Kaffee. Sie hat sich selbst vor Jahren im Besuchsdienst engagiert und war mit Hund Oskar in Pflegeheimen.
Eine Wohnung ohne Tiere ist für die Rentnerin eine traurige Vorstellung. Sie genießt es, wenn sie nach Hause kommt. „Oskar und Lotta freuen sich immer so sehr.“ Die 83-Jährige fühlt sich immer noch gebraucht. Oskar räkelt sich auf dem Sofa, schaut sie an, sie lächelt zurück. „Hunde machen einfach glücklich.“ Evelyn Sander (epd)