DGPPN: Auch in der Pandemie
direkten Kontakt sichern!

Erste Studien deuten an: Die Pandemie hat zu einer Zunahme depressiver Symptome geführt, so die Fachgesellschaft DGPPN*. Auch die AOK Rheinland/Hamburg und die Techniker Krankenkasse verzeichnen im ersten Halbjahr 2020 einen Höchststand an Krankschreibungen aufgrund depressiver Erkrankungen. Anlässlich des 17. Europäischen Depressionstages am 4. Oktober appellierte die Fachgesellschaft an Politik und Entscheidungsträger, „die Versorgung psychisch erkrankter Menschen auch in Pandemiezeiten uneingeschränkt zu sichern und zukünftig geeignete Rahmenbedingungen für persönliche Zuwendung in der psychiatrisch-psychotherapeutischen Betreuung zu schaffen.“

Dazu DGPPN-Präsident, Prof. Andreas Heinz: „Alles deutet darauf hin, dass Kontaktsperren und Isolation psychische Erkrankungen begünstigen, das gilt insbesondere für affektive Erkrankungen wie Depressionen, aber auch für Angststörungen und Psychosen. Eine Metaanalyse unseres Instituts an der Charité Berlin konnte aufzeigen, dass soziale Vereinsamung ein wesentlicher Stressfaktor ist. Wenn also die psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung Pandemie-bedingt nicht im gewohnten Rahmen stattfinden kann, kann das für Betroffene eine große Belastung darstellen. Sie können Halt und Orientierung verlieren. Zwischenmenschliche Begegnungen aber stabilisieren die Gesundheit. Insofern ist es unabdingbar, neben digitalen Behandlungsmöglichkeiten entsprechende Kapazitäten mit persönlichem Kontakt aufrechtzuerhalten.“

Prof. Dr. Detlef E. Dietrich, Ärztlicher Direktor der Burghof-Klinik in Rinteln und Vertreter der European Depression Association (EDA) in Deutschland, ergänzt: „Es ist zu befürchten, dass durch die sekundären Folgen der COVID-19-Pandemie wie Arbeitsplatzverlust und Einsamkeit in den nächsten ein bis zwei Jahren noch mehr Menschen unter einer Depression leiden werden. Alternative Behandlungsmethoden wie Telefon- und Videosprechstunden sind gut, aber nicht immer ausreichend. Eine Therapie, in der Betroffenen Empathie und persönliche Unterstützung ganz unmittelbar zuteil wird, bietet oftmals schnelle und eine nachhaltigere Hilfe. Sie in Anspruch zu nehmen, muss jedem jederzeit, auch während einer Pandemie, möglich sein.“

Der Enttabuisierung dient ein neues Präventionsprojekt, für das heute der Startschuss in Berlin fiel. Die „Offensive Psychische Gesundheit“ der drei Bundesministerien BMAS, BMG und BMFSFJ soll gesellschaftliches Bewusstsein für psychische Erkrankungen und bessere Aufklärung fördern. Die DGPPN und ihr Aktionsbündnis Seelische Gesundheit unterstützten die Initiative  von Anfang an.  Und auch die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßte den heutigen Kick-off der vom Bundesarbeitsministerium angestoßenen Initiative.  BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz forderte in dem Zusammenhang: „Wir brauchen endlich DAX-Vorstände, die über ihre psychische Erkrankung berichten.“  Gerade in der Arbeitswelt  würden psychische Erkrankungen noch häufig als Leistungs- und Willensschwäche gelten.  Dabei könnten vor allem  andauernde Belastungen und Konflikte am Arbeitsplatz   zu chronischer Erschöpfung, Depressionen oder Suchterkrankungen führen“, so Munz. 

Ausführlich Informationen rund um Corona und Psyche bietet die „Aktionswoche der Seelischen Gesundheit“ mit zahlreichen Veranstaltungen, die in diesem Jahr unter dem Motto „Mit Kraft durch die Krise“ am 9. Oktober in Berlin startet. Ausgerichtet wird sie vom  Aktionsbündnis Seelische Gesundheit in Trägerschaft der DGPPN.  Das nationale Netzwerk zählt derzeit fast 120 Mitgliedsorganisationen.  (rd)

* Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN)