Anstieg härtester Gewaltszenen

Im vergangenen Jahr – 2017 – wurden 143 Kinder getötet. Fast 78 Prozent von ihnen waren zum Zeitpunkt des Todes jünger als sechs Jahre. In 77 Fällen blieb es bei einem Tötungsversuch. Die Zahlen zu Misshandlungen an Kindern stagnieren seit Jahren auf einem hohen Niveau.

4.208 Kinder waren hiervon betroffen, 43 Prozent von ihnen haben das 6. Lebensjahr noch nicht vollendet. Diese Zahlen gehen aus einer Pressemitteilung des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs hervor. Im Bereich sexuelle Gewalt nach den §§ 176, 176a und 176b weist die Statistik einen Rückgang von 3,64 Prozent auf, doch wurden noch immer 13.539 Kinder als Opfer registriert. Die in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfassten Fallzahlen des Besitzes und der Verbreitung kinderpornografischen Materials stiegen im Vergleich zum Vorjahr wieder um 15,06 Prozent an.

Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes- Wilhelm Rörig, zeigt sich erschüttert über die unverändert hohen Fallzahlen bei Kindesmissbrauch und den Anstieg bei Kinder- und Jugendpornografie: „Cybergrooming, sexueller Missbrauch und das Filmen dieser entsetzlichen Taten sind für tausende Kinder Realität. Besonders erschreckend sind der Anstieg härtester Gewaltszenen sowie die zunehmende Zahl von Missbrauchsabbildungen von Kleinkindern und Babys. Wir müssen davon ausgehen, dass sich der Missbrauch tausender Kinder unerkannt fortsetzt.“ 

Er verweist auch auf die zunehmende Gefahr sexueller Gewalt durch die digitalen Medien: „Kinder- und Jugendschutz findet im Internet nicht statt. Der Jugendmedienschutz muss jetzt dringend modernisiert und die IT-Wirtschaft auch gesetzlich verpflichtet werden, den Kinder- und Jugendschutz im Netz zu verwirklichen.“ Rörig fordert mehr geschultes Personal bei Justiz und Strafverfolgung. Auch die Ermittlungsmöglichkeiten müssten rechtlich und technisch verbessert und dem Internetzeitalter angepasst werden: „Sexualstraftäter dürfen sich in Deutschland nicht länger sicher fühlen.“

Bezüglich des alltäglichen Ausmaßes von sexuellem Missbrauch, Misshandlung und Vernachlässigung in der Gesellschaft stellt Professor Dr. Jörg M. Fegert, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie Ulm und Leiter des Kompetenzzentrums Kinderschutz in der Medizin, fest: Auf diese riesige Dimension sind die zuständigen Institutionen nicht vorbereitet. Dies gilt für das Gesundheitswesen wie für die Jugendhilfe etc. Die spezifische Fachberatung hat immer noch keine regelhafte Finanzierung. Bis 2013 durften Misshandlungsdiagnosen im Krankenhaus in Deutschland gar nicht gestellt werden, vieler Orts gibt es Abrechnungsprobleme bei der Abklärung von Kinderschutzfällen oder z. B. bei einer vertraulichen Befundsicherung nach einer Vergewaltigung von Kindern und Jugendlichen.

Vollständige Pressemitteilung unter: https://beauftragter-missbrauch.de/presse-service/pressemitteilungen/detail/news/zahlen-der-polizeilichen-kriminalstatistik-zeichnen-ein-trauriges-bild/