Mit Wissen gegen
sexuelle Gewalt

In den Wimmelbildern sind Grenzüberschreitungen versteckt, und die Frage ist: Darf ich das? So wie hier im städtischen Raum.

Drei Jahre lang entwickelte das Kieler PETZE-Institut für Gewaltprävention eine interaktive Ausstellung, die leicht verständlich über sexuelle Selbstbestimmung und den Schutz vor sexualisierter Gewalt informiert, von der häufig Menschen mit Behinderung betroffen sind. Fünf Träger der Eingliederungshilfe haben jetzt die Ausstellung „Echt Mein Recht“ nach Hamburg geholt. Sie ist noch bis 31. Oktober im Foyer des Bezirksamtes Mitte in der Caffamacherreihe 1-3 zu sehen.


Menschen mit Behinderung sind besonders gefährdet, Opfer von Sexualstraftaten zu werden. Das hat einerseits mit Abhängigkeitsverhältnissen und der Schwierigkeit zu tun, sich Menschen in Machtpositionen zu widersetzen, andererseits aber auch mit der nicht vorhandenen Sexualaufklärung. „In dieser Ausstellung können sie selbstbestimmt Informationen einholen“, so Ralf Specht vom Präventionsbüro PETZE. In einer der fünf Stationen können sich die BesucherInnen hinter einem Vorhang zurückziehen und sich mit dem Körper und der Sexualität vertraut machen. „Manche kommen bis zu zehn Mal, um sich immer wieder die Körpergeschichte anzuhören.“

Wer nicht lesen will, kann hören

Hörsticks stehen für die BesucherInnen bereit, die die Schautafeln nicht lesen können oder wollen.
Konzipiert für erwachsene Menschen mit Beeinträchtigung, wird die Ausstellung eigentlich sonst von Trägern der Behindertenhilfe gebucht. „Aber da das Thema auch eines der gesamten Gesellschaft ist, wollten wir den öffentlichen Raum bespielen“, erläutert Specht. Da ist zum Beispiel der Umgang mit Gewalt. „Ich wurde geschlagen, was kann ich tun? Wo bekomme ich Hilfe?“ Antworten auf solche Fragen gibt die Beratungsstation in Leichter Sprache mit Statements einer Juristin.

In der Station „Mein Alltag“ zeigen Schaubilder typische Situationen aus den Bereichen Wohnen, Arbeit und Freizeit und fordern die Betrachter zum Bewerten auf: In den Wimmelbildern sind Grenzüberschreitungen versteckt, und die Frage ist: Darf ich das? Orientierung geben auch während der Öffnungszeiten Sozialarbeiter und geschulte Experten in eigener Sache, die an der Konzeption der Ausstellung mitgewirkt haben. Von ihnen sind auch Interviews zu den Themen Liebe, Sex und Schutz abrufbar.

Auch psychisch Erkrankte finden sich in der Ausstellung wieder

Die Ausstellung ist zwar vor allem für Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung konzipiert, aber auch psychisch Erkrankte können sich in ihr wiederfinden. Eine heutige Nutzer*in des Sozialkontors (neben Leben mit Behinderung Hamburg, der Ev. Stiftung Alsterdorf, dem Rauhen Haus und den Elbe Werkstätten Mitpräsentator) war lange von psychischer Gewalt betroffen. Sie erklärt: „Ich hatte schon Depressionen und Angststörungen vor meiner Beziehung, aber mein Partner hat dies ausgenutzt und es ist immer schlimmer geworden“. Es gelang ihr schließlich, heimlich zu gehen, alle digitalen Spuren von ihr wurden gelöscht. Noch heute hat sie Angst, dass er sie findet. Manuela (Name geändert) findet es gut, dass in der Ausstellung Hinweise gegeben werden, wo man anrufen und Hilfe finden kann. Gut findet sie auch, dass die Ausstellung dazu ermuntert, selbstbewusst zu sein: „Ich musste erst lernen Nein zu sagen, mich neu kennen lernen“, sagt Manuela. Dass die Wanderausstellung auch in Fragen der Liebe Hilfestellungen bietet, findet Manuela gelungen. Wie geht das so mit dem Flirten, wie stelle ich mich dabei an? Welche „Anmachsprüche“ gehen gar nicht? Über die gezeigten Beispiele darf diskutiert werden. Michael Freitag „Echt Mein Recht“, Foyer des Bezirksamtes Mitte, Caffamacherreihe 1-3, Öffnungszeiten: Mo. – Fr. 10 bis 14 Uhr und 16 -19 Uhr, Samstag 13-16 Uhr, bis zum 31. Oktober.