Verrückte Versorgungssituation: Menschen, deren Krankheit – die Agoraphobie – sich darin äußert, dass sie das Haus nicht verlassen können, bekommen in der Regel keine Hilfe, weil sie das Haus nicht verlassen. Ein bundesweit einmaliges neues Projekt in Berlin schafft jetzt Abhilfe – für eine begrenzte Zeit und eine begrenzte Gruppe. Es werden noch Teilnehmer gesucht!
Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin bieten ab sofort ein bundesweit einmaliges Behandlungsangebot: Bei der aufsuchenden Therapie beginnt der Therapeut die Behandlung in der häuslichen Umgebung. Ziel ist es, die „Wegefähigkeit“ der Patienten zeitnah wiederherzustellen, sodass die Therapie anschließend ambulant weitergeführt werden kann.
Die Agoraphobie ist eine Angsterkrankung, bei der die Betroffenen in Situationen, die sie nicht unmittelbar verlassen können oder in denen keine schnelle Hilfe erreichbar ist, eine starke Angstreaktion entwickeln. Dazu gehören Alltäglichkeiten wie öffentliche Verkehrsmittel und Menschenmengen oder Kinos und breite Straßen. Das Vermeiden dieser Situationen führt bei einer besonders schweren Ausprägung dazu, dass die Patienten auch die eigene Wohnung nicht mehr selbständig verlassen können und ihre Lebensführung massiv eingeschränkt ist. Zudem erschwert dies den Zugang zu therapeutischen Hilfsangeboten massiv oder macht ihn unmöglich.
Die Charité führt die aufsuchende Therapie in Kooperation mit der Humboldt-Universität zu Berlin und den Sozialpsychiatrischen Diensten Berlin durch. Gefördert wird das Projekt von der LOTTO-Stiftung Berlin bis Oktober 2019. „Unser wissenschaftlich begleitetes Behandlungsangebot orientiert sich an den Bedürfnissen der Patienten und ist eigentlich recht simpel, aber hoffentlich sehr wirksam. Der Psychotherapeut kommt initial zum Patienten nach Hause. Mit unserem speziell entwickelten Behandlungsmanual wollen wir die Wegefähigkeit des Betroffenen innerhalb einer fünfwöchigen Intensivphase wiederherstellen“, erklärt Dr. Jens Plag von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Campus Charité Mitte, das innovative Konzept. Anschließend wird die Verhaltenstherapie am Zentrum für Psychotherapie am Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin ambulant fortgesetzt.
Für die Studie „ExIT To HopE“ werden noch Patienten mit einer schweren Agoraphobie gesucht, die aufgrund der Erkrankung nicht mehr oder ausschließlich in Begleitung anderer ihre Wohnung verlassen können. Die Probanden müssen mindestens 18 Jahre alt sowie im erweiterten Berliner Stadtgebiet wohnhaft sein und dürfen nicht unter einer Substanzabhängigkeit oder einer psychotischen Erkrankung leiden. Interessierte wenden sich bitte telefonisch unter +49 30 450 517 017 oder per Mail an carolin.liebscher@charite.de.
(Quelle: 2018 Charité – Universitätsmedizin Berlin)