24 Wochen

Julia Jentsch als Astrid Copyright: ZDF/Friede Clausz

Spätabtreibung ja oder nein: Das ZDF zeigt das preisgekrönte Endscheidungsdrama „24 Wochen” am Montag, 25. März, um 20.15 Uhr als „Fernsehfilm” der Woche. Das Debüt von Regisseurin Anne Zohra Berrached mit Julia Jentsch und Bjarne Mädel in den Hauptrollen wurde unter anderem 2017 beim Deutschen Filmpreis mit einer LOLA in Silber ausgezeichnet. „24 WOCHEN” ist bereits ab Sonntag, 25. März 2018, 10  Uhr, in der ZDFmediathek abrufbar. Die Regisseurin sowie Kameramann Friede Clausz stehen im Anschluss an die Ausstrahlung am Montag Abend im Facebook-Live-Chat unter http://facebook.com/ZDF für Fragen zur Verfügung.

 

So sieht Glück aus: Astrid ist Kabarettistin. Sie liebt ihren Job, und ihren Mann, der sie darin unterstützt, mit dem sie eine liebevolle Beziehung führt, ein Haus teilt und eine Tochter hat –Nele; die Großmutter ist eine Alt-68erin. Das Glück über die erneute Schwangerschaft ist groß. Ebenso die Identifikation des Zuschauers mit dieser so authentisch wirkenden Kleinfamilie mit seinen grandiosen Hauptdarstellern Julia Jentsch und Bjarne Mädel. Bei einer Routineuntersuchung erfahren Astrid und Markus, dass ihr Kind höchstwahrscheinlich mit Trisomie 21 geboren wird.

„Ein Downi“ – darf man das sagen? „Ja, Downi geht, Mongo nicht“, sagt Markus, als sie die Diagnose etwas verdaut haben und eine Chorprobe von Kindern mit Down-Syndrom besuchen. Ja, sie können sich ein Leben mit einem behinderten Kind vorstellen – Die Umgebung reagiert skeptischer … Doch im sechsten Monat stellt sich heraus, dass das Kind im Bauch auch noch an einem schweren Herzfehler leidet. Und nun ist sie da: die Qual der Entscheidung. Das Schicksal nehmen wie es kommt – oder für das Kind gegen das Schicksal entscheiden? Aber wer weiß, ob und wie das Kind überhaupt leidet?

Klar wird: Im Körper dieser Frau mit dieser Entscheidungs-Verantwortung möchte keine Zuschauerin stecken. Denn es geht um Spätabtreibung, die in Deutschland bei medizinischer Indikation bis zur Geburt erlaubt ist. Ab ca. der 24. Schwangerschaftswoche ist das Kind außerhalb des Mutterleibes überlebensfähig, weshalb es in diesem späten Stadium der Schwangerschaft vorgeburtlich mit einer Kaliumchlorid-Spritze getötet werden muss, was als Fetozid bezeichnet wird.

Das Paar gerät in eine Krise. Ist unterschiedlicher Meinung. Wer soll entscheiden? Letztlich übernimmt Astrid die Verantwortung – und vertritt sie auch in der Öffentlichkeit. Der Film spricht sich weder für noch gegen Abtreibung aus. Er leuchtet vielmehr einen unauflösbaren Konflikt bis ins letzte aus und polarisiert, soll polarisieren, wie es die 33 Jahre junge Regisseurin Anne Zohra Berrached in einem Interview sagte: „Mich interessiert der moralische Konflikt als Ergebnis unserer modernen medizinischen Welt. Wir müssen uns neu versichern und das Erreichte immer wieder verteidigen. Wir müssen darauf bestehen, dass nicht nur geschieht, was technisch möglich ist, sondern das, was wir eigentlich wollen.“

Der Film stellt das Recht auf Selbstbestimmung der Frau dem Recht auf Leben des ungeborenen Kindes gegenüber. In einer Zeit, in der die Zahl der Spätabtreibungen in Deutschland jährlich zunimmt – zwischen 2007 und 2014 gab es laut Presseheft eine Steigerung um 255 Prozent (Quelle: Statistisches Bundesamt). Zurückgeführt wird dies unter anderem auf immer neue Diagnoseverfahren und immer weniger riskante Tests.

Besonders ist nicht nur das Thema, sondern auch die Machart: Die Regisseurin hat Fiktion und Realität verschmolzen. Mit einem Tonbandgerät ist sie losgezogen und hat Ärzte, Hebammen und verschiedene Einrichtungen besucht und Interviews geführt, auf deren Basis dann gemeinsam mit dem Autor Carl Gerber das Drehbuch entstand. Die im Film beratenden Fachärzte sind ebenso echt wie der Geburtsmediziner und die Bilder von einem Fötus im Bauch einer Mutter. Für absolute Authentizität sorgten schließlich auch die Aufnahmen in der realen deutschen Kabarettwelt – so tritt Astrid vermeintlich live bei „Ladies Night“ und bei und mit Dieter Nuhr im Ersten auf. Ein großartiger, diskussionswürdiger und äußerst sehenswerter Film, der am 22. September in die Kinos kommt.  Anke Hinrichs 

(Original Veröffentlichung: Sept. 2016)