„Ich hatte weder einen wirklichen eigenen Willen noch irgendwelche Gefühle”, sagt Sam, Protagonist der ZDFinfo-Dokumentation über „Legal Highs” in einem Interview mit der ZDF-Pressestelle.
Wie waren Ihre ersten Erfahrungen mit „Legal Highs”?
Eigentlich wollte ich normales THC, also Cannabis, konsumieren, bin allerdings mit meinen 13 Jahren damals noch nicht rangekommen. Ich und ein paar Freunde sind im Internet auf einen „legalen Cannabisersatz” gestoßen und haben uns so das erste Mal Kräutermischungen bestellt – ohne irgendeine Ahnung, um was es sich dabei genau handelte. Als ich die „Legal Highs” schließlich zum ersten Mal rauchte, dachte ich, dass ich sterbe müsse. Ich musste mich sehr lange übergeben, da die Wirkung viel zu stark war.
Wieso haben Sie die Kräutermischungen dann weiterhin genommen?
Ich bin davon ausgegangen, dass es vielleicht normal sei, die „Legal Highs” nicht gut zu vertragen, wenn man sie das erste Mal konsumiert. Also haben wir es einfach immer weiter geraucht und es auch immer besser vertragen. Wir gewöhnten uns an die Wirkung, die uns immer besser gefiel.
Waren Sie sich darüber im Klaren, dass „Legal Highs” gefährlich sind, da sie häufig psychoaktive Substanzen enthalten?
Dass „Legal Highs” gefährlich sind, ist mir erst klar geworden, als ich zunehmend unter psychischen und körperlichen Entzugserscheinungen litt. Der Entzug hatte Ähnlichkeiten mit einem Heroin- oder Alkohol- Entzug. Derart starke körperliche Abhängigkeiten können sogar während eines Entzugs tödlich enden.
Wie hat sich Ihr Konsum in Laufe der Zeit verändert?
Mein Konsum hat sich immer weiter gesteigert, da ich eine immer höhere Dosis brauchte, um die Entzugserscheinungen zu mindern. Um mir die Sucht zu finanzieren, habe ich die „Legal Highs” schließlich gewinnbringend weiterverkauft, also quasi gedealt.
Welche Nebenwirkungen von „Legal Highs” haben Sie erlebt?
Ich litt unter einem Realitätsverlust, der durch starke Psychosen verursacht war. Ich konnte ihn nur durch das weitere Konsumieren stoppen. Zudem machte mir die extreme körperliche Abhängigkeit zu schaffen: Ich hatte Krämpfe am ganzen Körper, musste mich ständig erbrechen und hatte blaue Arme und Beine.
Ihre Mutter sagt im Film über „Legal Highs”: „Das Zeug ist wie ein Monster, das die Menschen irgendwann komplett vereinnahmt.” Wie hat sich das in Ihrem Fall gezeigt?
Auf dem Höhepunkt meiner Sucht hatte ich weder einen wirklichen eigenen Willen noch irgendwelche Gefühle. Ich war nur noch eine wandelnde Hülle, die entweder nicht mehr ansprechbar oder auf der Suche nach neuen Drogen war. Irgendwann habe ich mir gar nichts mehr von meiner Mutter sagen lassen. Unsere Beziehung litt sehr darunter, da sie mir – genau wie fast alle anderen Menschen – schlichtweg egal geworden war.
An welchem Punkt haben Sie beschlossen, einen Entzug zu machen?
Es hat sehr, sehr lange gedauert, bis der Punkt kam, an dem ich mich zu einem Entzug entschlossen habe. Ich musste erst einmal komplett abstürzen, sonst hätte ich nie etwas geändert. Mit 15 Jahren war ich bereits unfreiwillig für einen Monat in einer Entgiftung gewesen, hatte aber fast direkt danach wieder angefangen, zu konsumieren. Später hatte ich zuhause viele Anläufe unternommen, clean zu werden. Doch wegen des harten körperlichen Entzugs war das nicht ertragbar und zudem auch sehr gefährlich.
Auf dem Höhepunkt der Abhängigkeit habe ich fast anderthalb Jahre lang komplett auf der Straße gelebt. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr auf dieses Leben. Aber ich schaffte es nicht mehr aus dem Teufelskreis heraus, weil man ohne einen festen Wohnsitz keine Arbeit findet. Aber ohne Arbeit bekommt man auch keine Wohnung. Als ich dann erfahren habe, dass ich Vater werde, habe ich eine Entgiftung gemacht und mich anschließend in Therapie begeben.