Antislawismus ist eine Form des Rassismus, die sich gegen Menschen richtet, die als „slawisch“ oder aus Osteuropa stammend wahrgenommen werden. Über Gewalt an Osteuropäer*innen in der NS-Medizin und fortbestehenden Antislawismus in der Gegenwart diskutieren am 11. September ab 17.30 Uhr der Psychiater und Buchautor Dr. Rudolf Karazman und die Leiterin des Lüneburger Nordost-Instituts PD Dr. Kirsten Bönker in den Räumen ihres Instituts in der Lindenstraße 31. Die Moderation des Abends übernimmt Dr. Carola Rudnick.
„Antisemitismus, Antiislamismus und Antifeminismus – mit diesen Begriffen können kritische Köpfe und aufmerksame Bürger*innen etwas anfangen“, heißt es in der Pressemitteilung der Mitveranstalterin – der „Euthanasie“Gedenkstätte Lüneburg – „aber was ist Antislawismus und warum ist er scheinbar so allgegenwärtig, dass niemand Anstoß nimmt und darüber stolpert?“ Dazu hat Rudolf Karazman ein Buch geschrieben. Darin geht er der historischen These nach, dass rassenbiologische Vorstellungen eines „slawischen Untermenschen“ schon Jahrhunderte vor dem Aufstieg des Nationalsozialismus verbreitet waren. Sie führten im NS zu einer gnadenlosen „Lebensraum Ost“-Politik sowie zu „Sonderbehandlungen“ und Ausbeutung der slawischen Minderheiten.
Auch in Lüneburg zeigte sich dies, wie die „Euthanasie“-Gedenkstätte im Zuge der Erarbeitung ihrer neuen Dauerausstellung LEBENSWERT aufdeckt. Dr. Carola Rudnick betont: „So wurden Erkrankte aus Osteuropa von erkrankten Deutschen separiert, sowohl im Städtischen Krankenhaus als auch in der Heil- und Pflegeanstalt eigens ,Ostarbeiter’-Abteilungen geschaffen, in denen die Erkrankten perfide behandelt und auch getötet wurden.“ Allein im Städtischen Krankenhaus habe es bis Frühjahr 1945 rund 50 gewaltsam herbeigeführte Tode gegeben. In der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg seien bis Kriegsende hunderte Erkrankte osteuropäischer Herkunft ermordet bzw. per Sammeltransport an einen unbekannten Ort verlegt worden, um sie dort zu töten.
Kirsten Bönker vom Nordost-Institut spannt den Bogen bis in die Gegenwart. „Nach 1945 kam es nämlich zu keiner kritischen Distanzierung und Aufarbeitung dieser Verbrechen, sondern antislawische Diskriminierungen und Mangelversorgungen von Erkrankten osteuropäischer und slawischer Herkunft setzten sich in der Atmosphäre des Kalten Krieges fort“, heißt es in der Mitteilung weiter. „Befeuert durch aktuelle kriegerische Auseinandersetzungen sind antislawische Haltungen noch immer verbreitet, auch ein Thema, mit dem sich das Institut reflektiert auseinandersetzt. „
Der Eintritt ist frei, jede/jeder ist willkommen.