DGPPN-Präsident fordert ZDF auf, aus Mediathek
entfernte Sendung wieder online zu stellen
Dass sich eine Satiresendung mit psychiatrischen Themen beschäftigt, ist ungewöhnlich. Ungewöhnlich ist auch die Entscheidung des ZDF von Anfang Dezember 2023, eine Ausgabe des „ZDF Magazin Royale“ mit Jan Böhmermann, die sich kritisch und entlarvend mit dem Thema Rituelle Gewalt auseinander setzte, aus der Mediathek zu entfernen. Kurz nach der Ausstrahlung im September waren Programmbeschwerden beim ZDF eingegangen. Unter anderem von der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, die kritisierte, in der Sendung würden Betroffene sexueller Gewalt abgewertet.
Im Januar wiederum erhielt Böhmermann Unterstützung von höchster fachlicher Stelle: Der Präsident der DGPPN, Prof. Andreas Meyer-Lindenberg, attestierte dem Moderator in einem Spiegel-Interview: „Böhmermann hat nichts falsch gemacht.“ Meyer-Lindenberg: „Was mich beeindruckt hat: Die Sendung war gut recherchiert.“ Er forderte den Fernsehrat in einem Schreiben auf, die Folge des „ZDF Magazin Royale“ wieder online zu stellen.
In der satirisch-investigativen Sendung war unter anderem kritisch hinterfragt worden, ob Menschen im Zusammenhang mit satanistischen Kulten durch Folter und Missbrauch so bearbeitet werden können, dass sie „programmiert“ worden sind und lebenslang gesteuert werden können, was auch „mind control“ genannt wird. Ein derartiger Mechanismus existiere nicht, machte Meyer-Lindenberg im Interview mit dem Nachrichtenmagazin deutlich, das im vorigen Sommer ebenfalls ausführlich kritisch über das Thema berichtet hatte („Im Wahn der Therapeuten“, Der Spiegel 11/2023).
Was zudem problematisch sei: Da spielten „jahrhundertealte Verschwörungsmythen“ mit rein. „Von blutsaufenden Eliten ist die Rede, auch von Satanskulten. Für nichts davon gibt es Belege“, so Meyer-Lindenberg. Das Ganze basiere auf Scheinerinnerungen, sogenannte False Memories, die durch suggestives Befragen entstehen könnten – ein „Therapiefehler“. „Es gibt Menschen, die schwere organisierte sexuelle Gewalt erleiden müssen, auch mit Folter. Und es gibt Menschen, die sich an manches davon gar nicht oder erst spät erinnern. Aber ich finde, Böhmermann hat das gut eingeordnet. Wenn es therapeutische Fehler gibt, die solche falschen Erinnerungen induzieren, gehören die auch benannt. Das ist im Interesse aller Opfer. Wir tun niemanden einen Gefallen, wenn wir die Nebenwirkungen von Psychotherapien, die es hier wie bei allen Therapieformen gibt, nicht benennen.“
Zielscheibe der Kritik in der Böhmermann-Sendung war insbesondere die Psychotherapeutin Michaela Huber, die unzählige (Trauma-) PsychotherapeutInnen fortgebildet hat und mit Zitaten über Anhänger geheimer Kulte und deren grausame Misshandlung von Kindern und Kontrolle von Menschen via Hirnmanipulation vorgeführt wurde. (Originalveröffentlichung im EPPENDORFER 2/24)
Anke Hinrichs