Die Akutpsychiatrie, die den Hamburger Osten (Mitte /Wandsbek) pflichtversorgt, leidet unter zunehmender Nachfrage und Überbelegung bis zu 150 Prozent. Dies wurde bei der Eröffnung eines Neubaus für Tagesklinik plus Psychiatrische Institutsambulanz (PIA) der Asklepios Klinik Nord in Wandsbek deutlich. Die durch den Umzug in die neuen Räume freiwerdenden Flächen werden daher jetzt bis zum Herbst umgebaut für eine Erweiterung der Akutstation um 20 auf dann 130 Betten. „Wir sind in der Vergangenheit häufig an unsere Grenzen gestoßen“, machte Chefarzt Prof. Matthias Nagel in seiner Ansprache deutlich. Der Bedarf an Hilfe sei im Hamburger Osten besonders hoch, zudem nehme der Anteil an Akutpatienten zu.
In Spitzenzeiten war die 22 Betten-Kriseninterventionsstation mit 34 schwerstkranken Patienten belegt, hieß es. Teils mussten Patienten nach Ochsenzoll verlegt werden. Die Situation sei nicht nur für die Patienten schwierig. Für die Mitarbeiter bedeutete dies Arbeit unter schwierigsten Bedingungen und zum Teil hohe Gewalt, so Nagel, der den Mitarbeitern besonders dankte. Zunehmende Probleme gebe es auch durch zum Teil „rechtswidrige Kürzungen“ von Kassen, die Einführung des Richtervorbehalts bei Fixierung sowie die aus seiner Sicht „problematische“ Einstufung von Videoeinsatz als Zwang. Trotzdem sei es gelungen, die Anzahl an Fixierungen zu reduzieren von 78 im Jahr 2015 auf zuletzt 23 in 2018 – unter den geschilderten Bedingungen sei das der Hammer, so Nagel.
Zwischenzeitlich habe es bei Überfüllung auch Gefährdungsanzeigen gegeben, bestätigte Pflegedienstleiter Rino Strobel. Die Mitarbeiter der Station W1 seien dennoch sehr motiviert. Zur Prävention von Gewalt wurden hier neben Safewards auch das Deeskalation-Managementsystem ProDeMa eingeführt. Dennoch sei das Gewaltpotential teils hoch, im Notfall wird die Polizei gerufen. Als Hintergrund für die Überfüllung nannte Strobel die Größe des rund 300.000 Einwohner umfassenden Sektors, der von Duvenstedt bis Billbrook reicht und auch sozial komplexe Gegenden einbezieht. Ferner seien u.a. auch viele Migranten mit schweren Traumafolgestörungen zu behandeln.
Mit so großer Inanspruchnahme in Wandsbek hatte die Gesundheitsbehörde 2011 bei Eröffnung der aus Ochsenzoll ausgegliederten Abteilung nicht gerechnet, erklärte Elke Huster-Nowack aus der Gesundheitsbehörde, die die im Zug festsitzende Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks vertrat. Hamburg investiere insgesamt über acht Millionen Euro in die Tagesklinik sowie die Stationserweiterung. Die Nachfrage bei den 29 Hamburger Tageskliniken mit über 600 Plätzen wachse insgesamt, was auch an zum Teil langen Verweildauern liege. Wie reagiert die Stadt? Antworten soll der Psychiatriebericht geben, der in den nächsten Wochen verabschiedet werden soll, kündigte Huster-Nowack an. Der Bericht sei zugleich der Einstieg in die neue Krankenhausplanung, die nächstes Jahr anstehe. (hin)
(Originalveröffentlichung im EPPENDORFER 2/2019)