OSNABRÜCK/BERLIN (hin/epd). Die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) hat für 2015 eine Steigerung der Zahl der Drogentoten um fast 20 Prozent vermeldet. Bundesweit seien im vergangenen Jahr 1226 Menschen an Drogen gestorben. Die Zahl ist damit im dritten Jahr in Folge gestiegen.
In Hamburg starben 2015 insgesamt 59 Menschen durch den direkten Konsum oder infolge von Rauschmittelmissbrauch – acht Menschen oder 15,6 Prozent mehr als im Vorjahr. In Schleswig-Holstein starben 2015 insgesamt 42 Menschen an den Folgen von Rauschgiftkonsum, 2014 waren es noch 29.
Auch der Rauschgiftkonsum nimmt offenbar zu. Vor allem die Inlandsproduktion wächst: Cannabis-Plantagen gewinnen Marktanteile, und in Chemielaboratorien werden immer neue Drogen – häufig sogenannte Cannabinoide – designed, heißt es im „Jahrbuch Sucht 2016“ der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen. Laut dem Jahresbericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht ist Ecstasy in Europa offenbar wieder auf dem Vormarsch. Es gebe Anzeichen dafür, dass die für Ecstasy zentrale Substanz MDMA „sowohl unter jenen, die bereits seit Längerem Stimulanzien konsumieren, als auch bei einer neuen Generation von Drogenkonsumenten zunehmend an Beliebtheit gewinnt“, heißt es. Generell sei Europa mit einer „zunehmend komplexen Drogenproblematik konfrontiert, bei der Stimulanzien, neue psychoaktive Substanzen, Arzneimittel- missbrauch und problematischer Cannabiskonsum eine immer größere Rolle spielen.“ Neben MDMA gelten neue psychoaktive Substanzen, darunter synthetische Cannabinoide und synthetische Cathinone, als besonders beunruhigend, weil die Gefahren kaum abzuschätzen seien. Bei lange bekannten Drogen wie Heroin gibt es ebenfalls keine Entwarnung. Von den geschätzt mindestens 6800 Todesfällen durch Überdosierung im Jahr 2014 in der EU hätten die meisten im Zusammenhang mit Heroin und anderen Opioiden gestanden, so die Drogenbeobachtungsstelle.
Suchtexperten und Fachverbände forderten derweil im „Alternativen Drogen- und Suchtbericht“ eine neue Drogenpolitik. Nötig sei unter anderem eine staatlich kontrollierte Abgabe von bisher illegalen Substanzen wie Cannabis. Das Strafrecht sei bei Drogenkonsum nicht das geeignete Instrument. Jugendrichter Andreas Müller aus Bernau bei Berlin: „Die Prohibition hat in den vergangenen vier Jahrzehnten weit über eine halbe Million überwiegend junge Menschen wegen Cannabis in den Strafvollzug gebracht. Jugendliche weichen teilweise auf so genannte Legal Highs aus, nicht selten mit tödlichen Folgen. Polizei und Justiz führen jährlich rund 150.000 Ermittlungsverfahren durch – überwiegend für den Papierkorb. Es ist höchste Zeit, die sinnlose, kostenintensive und gefährliche Prohibitionspolitik zu beenden.“ Die Drogenbeauftragte Marlene Mortler sprach sich derweil jedoch erneut gegen die Legalisierung von Cannabis außerhalb des medizinischen Gebrauchs aus.